Politisches

Samstag, 11. März 2006

Feige Würstchen überall

Das Halberstädter Beispiel macht leider Schule: Auch anderswo kneifen Kommunalpolitiker vor rechtsextremen Drohungen den Schwanz ein und sagen Anti-Nazi Veranstaltungen ab. In der Gemeinde Auetal (Kreis Schaumburg) ist ein Konzert gegen Rechtsextremismus wegen befürchteter rechtsradikaler Gegenaktionen untersagt worden. Abendblatt: Konzert gegen Nazis abgesagt - Angst vor Rechts

Es geht aber auch anders: Großaufgebot der Polizei sichert Demonstrationen in Halbe

Sicher ist es kein "schönes Bild", wenn demokratische Veranstaltungen nur noch unter Polizeischutz stattfinden können. Die Illusion, alles sei in Ordnung und alle Deutschen seien brave Bürger, läßt sich nicht aufrecht erhalten. "Appeasement" gegenüber gewaltbereiten Fanatikern hat immer wieder versagt. Ich plädiere nicht für "hartes Durchgereifen" in jedem Fall oder gar "Präventiveinsätze", aber es muß jedem potenziellen Störenfried klar gemacht werden: Wie können und wollen uns wehren - notfalls auch mit Gewalt!

In diesem Zusammenhang vielleicht wichtig: mdr:Bombendrohung gegen Festival "Bunt statt Braun" in Magdeburg Das Konzert mußte wegen einer Bombendrohung für eineinhalb Stunden unterbrochen werden.
Zum Glück wurde es nicht abgebrochen, auch wenn die gute Stimmung garantiert im Eimer war!

Wichtiger Nachtrag, So. 12. März!
Ich habe die Situation in Halbe wohl falsch eingeschätzt: Netzeitung: Scharfe Kritik an Polizeieinsatz in Halbe

Anscheinend sahen die in Halbe eingesetzten Polizeikräfte in den Gegendemonstranten in erster Linie ein Sicherheitsrisiko, weshalb sie unverhältnismäßig strenge und vom Datenschutz her bedenkliche Personenkontrollen vornahmen.

Also stand leider auch hier nicht der Schutz der Demokratie, sondern der der "Ruhe und Ordnung" an oberster Stelle. (Der Theaterdonner des PDS-Landesvorsitzenden Thomas Nord ist meiner Ansicht nach dennoch übertrieben. "Kriminalisierung" sieht anders aus.)

Im Falle Halberstadt argumentiert der Landrat juristisch logisch: Konzerte für Geld dürfen in Schulen grundsätzlich nicht stattfinden. Zwar ist das Wecker-Konzert nichtkommerziell, weil die Gewinne an das soziokulturelle Zentrum fließen, aber genau das schafft den Präzendenzfall, durch die die NPD erzwingen könnte, dass für sie gleiche Bedingungen herrschen: Sonderregelungen für "politisch relevante" Veranstaltungen.
Das heißt, schon im Vorfeld der Veranstaltung ist so viel schief gelaufen, dass mir das Vorgehen des Landrats angesichts etlicher von der NPD gewonnenen Prozesse resignierend-realistisch (fatalistisch?) erscheint. Ich kann diese Argumentation verstehen, wenn auch mit Bauchgrimmen. Klammheimlich Sympathie oder simples "Kuschen" vor den "braunen Kameraden" kann ich nicht erkennen. Wecker im "Spiegel"-Interview:
Der örtliche Landrat Henning Rühe hat sich allerdings noch sehr bemüht, einen Ausweichort für das Konzert zu finden.
Angesichts dessen fällt es mir schwer, Herrn Rühe wirklich mangelnde Zivilcourage zu unterstellen. Allerdings stellt sich die Frage, ob er auch ohne die implizierte Gewaltandrohung der NPD und deren juristische "Erfolge" auf diese traurigen Konsequenzen gekommen wäre. Was für ein politisches Klima muß am nördlichen Harzrand (und nicht nur dort!) herrschen, dass man sich auf solche Winkelzüge einlassen muß?

Immer wieder zum kotzen

Donnerstag, 9. März 2006

"Hat man Gewalt, so hat man Recht"

Wie schützt man auf gute deutsche Art die Bürgerrechte? Indem man alles verbieten, was Unruhe verbreiten könnte! Was ist der wesentliche Rechtsgrundsatz? "Gleiches Verbot für alle" - wenn Nazi-Konzerte verboten sind, gehören auch Anti-Nazi-Konzerte verboten, wenn Nazi-Symbole verboten sind, gehören auch Anti-Nazi-Symbole gefälligst verboten.

Die skandlöse Rückratlosigkeit Halberstädter Würstchen*) Kommunalpolitiker ist dabei nur die Spitze des "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht"-Eisberges.

Interview mit Wecker auf Spiegel.de:Spiegel.de
Tagesschau.de: NPD verhindert Wecker-Konzert

Oder ist ein einfach nur die nackte Angst, das Einknicken von der Gewaltbereitschaft? Die NPD hat zwar nirgendwo realen Einfluß, aber wenn die Nazis ankündigen, selbst mal beim Konzert vorbeizuschauen und für "Stimmung" zu sorgen, dann kuscht man man als verantwortungsbewußter deutscher Kommunalpolitiker eben im vorauseilenden Gehorsam - schließlich sind Ruhe und Sicherheit unheimlich wichtige Standortfaktoren. Da macht sich Krawall schlecht, und wer gegen Nazis demonstriert, der macht die böse Welt womöglich darauf ausmerksam, dass es hier doch noch Nazi geben könnte. Es ist ja gute Tradition, den Überbringer der schlechten Botschaft zu bestrafen.

Das gilt nicht "nur" für den Umgang mit unseren "braunen Freunden". Auch gewaltbereite religiöse Fanatiker genießen Kraft ihrer Gewaltbereitschaft Privilegien. RTL läd die Gruppe "Oomph!" von der Echo-Show aus: Wegen Gottes-Song: RTL lädt Oomph! aus.
"Oomph" trällert nämlich ein eher banales Liedchen, in dem einige Textzeilen vorkommen, die eventuell als blasphemisch aufgefasst werden könnten. Das könnte ja Ärger geben, irgendwelche fanatische Monotheisten könnten da vielleicht auf die Straße gehen. (Oder (*schauder*) einen Werbevertrag kündigen?)

Auch der Fall "www.euroislam.info" paßt ins Schema. Die Website stellt sehr explizit verschiedene Verbrechen, die im Namen des Islam verübt wurden und werden, dar. Darauf reagiert der Betreiber seines Servers, indem er die Seite vom Netz nimmt.

Zugegeben, die Website war selbst reichlich vernagelt & fanatisch und ich trauere ihr keine Träne nach - zu deren Feindbild gehören neben bösen Moslems z. B. auch Abtreibungsbefürworter, Pornographen und atheistische Politiker. (Heiden wie ich bestimmt auch.) Aber meiner Meinung nach gehört auch das noch zur Meinungsfreiheit. (Wenn auch zähneknirschend.) Und die dargestellten islamistischen Verbrechen dürften leider nicht auch nicht frei erfunden sein.
Das Kündigungsschreiben deutet jedenfalls darauf hin, dass es dem Provider darum geht, vorsorglich jeden Streit mit den radikaleren Vertretern der angegriffenen glaubensgemeinschaft zu vermeiden.
(Um es auch dem Letzten bzw. meiner Haustrollin (Kommentar gelöscht) klar zu machen: Ja, ich hätte nichts dagegen, wenn die fanatischen fundi-christlichen Brandstifter von "euroislam" die Welt mit ihrem Hass verschonen würden. Aber das macht weder die Sperrung der Website noch die vom Webhoster angegebenen Gründe besser.)

Das Problem beim Aufbau dieser Harmoniekulissen mittels Verbannung der Unbequemen: Konflikte werden nicht mehr ausgetragen, es entstehen immer mehr Tabuzonen für die öffentliche Auseinandersetzung. Und die Tabuzonen werden von denen definiert, die zum harmoniestörenden Krawall, zur Gewalt, bereit sind. Z. B. von der NPD oder von militanten Islamisten.

Hiezu auch:
Sven
semmel
Stadler & Waldorf
rebellmarkt
Singvøgel
Zum "islaminfo":
fdog
und unbedingt auch das: fdog2
Zu "Oomph!":
Gjallarhorn

*) Ich meine die feigen Würstchen im Halberstädter Rathaus, nicht etwa diese hier, die durchaus lecker sind:Halberstädter Würstchen (natürlich mit Senf!)

Samstag, 25. Februar 2006

Jesus statt Odin?

Zugegeben, der Titel ist geklaut - bei "Indimedia": "Jesus statt Odin" in Thüringen. In dem Artikel geht es darum, dass der Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) nun gemeinsam mit den Kirchen gegen Rechtsextremismus vorgehen will. Wie das allerdings konkret aussehen soll blieb offen.

Aus gleich mehreren Gründen hat Althaus Ansinnen einen merkwürdigen Beigeschmack.
Im Sommer 2004 übernahm er die Patenschaft für das sechste Kind der bekannten Neonazi-Aktivistin (und Neuheidin) Silvia Berisha. Da Frau Berishas rechtsextreme Haltung sich im Verfassungschutzbericht findet und auf zahlreichen Stellen im Internet mühelos recherchierbar ist, war Althaus medienwirksamer Auftritt mitten im Wahlkampf zumindest fahrlässig.
Zum Beigeschmack trägt auch der vom Thüringer Innenministerium festgestellte angebliche exorbitante "Anstieg linksextremer Straftaten in Thüringen" bei. Tatsache ist: Es wurde gegen 220 linksextreme und 1031 rechtsextreme Tatverdächtige ermittelt. Die Ermittlungen gegen "Linke" standen in 126 Fällen im Demostrationen wie der Gegendemo gegen den Nazi-Aufmarsch in Erfurt. Das heißt: ohne rechtsextreme Demos würden die linksextremen Delikte sofort drastisch zurückgehen.
Dass Althaus auf ein Bündnis mit den Kirchen setzt, paßt durchaus in das Bild, dass der demonstrativ fromme konservative Christ in der Öffentlichkeit bietet. Besonders auffällig ist Althaus' Schützenhilfe für Kreationisten im bisher vor allem aus den USA bekannten "Kampf" Darwins Evolutionslehre contra biblische Schöpfung.

Jungle World:Evangelikales 68
indeymedia:Kreationist Scherer referiert an der Uni Jena
Spiegel.de:CDU-Politiker Althaus bietet Kreationisten ein Forum
Ja, und bei mir:Kreationisten - auch bei uns auf dem Vormarsch

Selbstverständlich ist es zu begrüßen, wenn die Kirchen gegen Rechtsextremismus Stellung beziehen.
Im Falle von Althausens angestrebten Bündnis mit den Kirchen stellen sich aber im Lichte der oben genannten Fakten einige Fragen nach der Motivation des Thüringer MPs. Der Verdacht, dass er auf ein konservatives, unter Umständen sogar religiös fundamentalistisches, Christentum als Bollwerk gegen die "neuheidnischen" Neonazis setzt (das auch gegen die "atheistische" Evolutionsbiologie und die "gottlosen" Linken taugt) ist nicht von der Hand zu weisen.
Dass Silvia Berisha tatsächlich Neuheidin ist, ist in diesem Zusammenhang eher eine Marginalie, denn die weitaus meisten Rechtsextremisten sind keine Heiden und die meisten Heiden keine Rechtextremisten. Althaus dürfte es aber geärgert haben, dass er fahrlässigerweise Patenonkel eines kleinen Odinsjüngers geworden ist.

Mittwoch, 22. Februar 2006

Die Schwäche der "nordischen Kombination"

Ein lesens- und bedenkenswerter von Christian Schütte in der FTD: “Mullahs in Bullerbü“
(Bitte nicht von dem dämlichen Titel abschrecken lassen!)

Typisch für die "skandinavischen" Staaten ist das sehr erfolgreiche “Flexicurity”-Konzept (hohes Niveau staatlicher Absicherung bei sehr flexiblen Märkten). Dieses Modell wird machmal ironisch "nordische Kombination" genannt.
Bestes und viel gerühmtes Beispiel ist die besondere dänische Verbindung von minimalem Kündigungsschutz mit hohen Unterstützungszahlungen für Arbeitslose. Ein Konzept, mit dem die Arbeitslosigkeit tatsächlich wirksam reduziert wurde.

Schütte behauptet, dass das viel gelobte skandinavische Modell eine offene Flanke hätte: Es tauge nicht für Einwanderungsländer.
Ökonomen diskutieren seit langem die These, dass das skandinavische Modell vor allem in Ländern funktioniert, die ethnisch und kulturell gleichförmig sind. In kaum einer anderen Weltregion sind die Gesellschaften schließlich historisch so homogen gewachsen wie in Skandinavien. (...)
In solch homogenen Gesellschaften kann womöglich eine vergleichsweise geringe Zunahme an Multikulti zu Verwerfungen führen. Für Deutschland ist das ein zentraler Punkt: Wenn wir uns langfristig als ein wirkliches Einwanderungsland verstehen wollen, könnte der gleichzeitige Aufbruch zum skandinavischen Etatismus in einer gefährlichen Sackgasse enden.
Folgt man Schütte, dann ist die in Dänemark festzustellende Islam-Feindlichkeit (die die rechtpopulistische Dansk Folkeparti immerhin zur zweitstärksten Partei gemacht hat), Folge des nach Schütte Ansicht aus der sozialen Homogenität resultierenden Bürgersinns. Üppige Anreize, das Sozialsystem auszunutzen, seinen so lange kein Problem, wie starke gemeinsame Normen dagegenwirken. Wer sich seinem Nachbarn ähnlich fühlt, sich Gedanken um dessen Meinung und Wohlergehen macht, fällt der Gemeinschaft ungern zur Last. Dort, wo Nachbarn einander fremd sind oder häufig wechseln, bricht diese (Selbst-)Kontrolle irgendwann zusammen.

Plaktiv und überspitzt: Wer dem Sozialstaat "nordisch kombinierter" Bauart gegenüber nicht loyal ist, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zum "Schmarotzer" werden. Weil nach skandinavischen Selbstverständnis von Einwanderern aus fremden Kulturkreisen diese Loyalität nicht zu erwarten ist, führt dies zur "Ausländerfeindlichkeit". Deshalb rät Schütte Deutschland von einer Kopie des "skandinavischen Modells" mit hohen Sozialleistungen ab. Er setzt statt dessen auf den freien Markt, der laut Friedman "Leute, die sich hassen und die vollkommen verschiedene religiöse und ethnische Wurzeln haben, dazu in die Lage versetzt, wirtschaftlich zusammenzuarbeiten."

Wie "homogen" ist das reale "Skandinavien"? Ethnisch und kulturell sind die Länder Nordeuropas genau so wenig "homogen" wie andere Staaten auch. Nur von Außenstehenden wird "Skandinavien" als die Einheit wahrgenommen, die es nicht ist. (Und selbst der Begriff "Skandinavien" ist strenggenommen falsch.)
Auch das kulturell und sprachlich z. B. von Schweden oder Dänemark enorm unterschiedliche Finnland praktiziert erfolgreich das "skandinavische Modell" und selbst innerhalb der einzelnen Staaten kann von kultureller Homogenität keine Rede sein.

Was allerdings zutriffen dürfte, ist der Eindruck, dass "Skandinavier"
"zueinander passen wie die Legosteine". (Zumindest gewann ich diesen Eindruck, und ich scheine damit unter Deutschen mit "Norderfahrung" nicht allein zu stehen.) Die sozialen Konventionen sind - aller scheinbarer Lockerheit zum Trotz - ziemlich streng, es gibt eine Unmenge "ungeschriebener Gesetze", die egoistisches Verhalten ächten.
Solange die soziale Norm, dass "Gerechtigkeit über alles" geht, aufrechterhalten wird, und der "erfolgreiche Egoist" verachtet und nicht etwa ob seines Erfolgs bewundert wird, funktioniert die "nordische Kombination". Einer der (vielen) Gründe, weshalb das dänische Modell des "Fordern und Förderns" in Deutschland nicht funktioniert, liegt im institutionellen Misstrauen der Arbeitsagentur gegenüber den Arbeitslosen - die Angst vor "Leitungsmissbrauchern" zieht sich durch das ganze System. Das "Fördern" erstickt in Deutschland oft im Mißtrauen, das "Fordern" entartet zur Gängelei, nicht selten zur Schikane.

Es gibt allerdings speziell in Schweden (in Dänemark bin ich mir dessen nicht sicher) ein ziemlich genaues Equivalent der deutschen Idee einer "Volksgemeinschaft", die bekanntlich zentraler Bestandteil der NS-Ideologie war. Dass heißt, viele Schweden nehmen an, sie würden nicht aufgrund allgemein geteilter sozialer Werte so gut zusammpassen, sondern aufgrund eines tief in ihrer Volkseele verankerter Gemeinschaftsgefühls, das stark von Vorstellungen von "uralter Tradition", "Blut" (gemeinsamer Abstammung) und selbstverständlich auch "Boden" geprägt ist. Eine Vorstellung zwischen Mythos und Ideologie.
(Ansatzweise ist dieses Denken auch in Deutschland noch weit verbreitet.) Daraus erwachsen Vorstellungen wie die, dass das "skandinavische Modell" nur deshalb funktioniert, weil die jeweiligen Länder so ethnisch homogen seien, und jedermann die "ungeschriebenen Gesetze" praktisch mit der Muttermilch aufgesogen hätte. Einem Zuwanderer wird oft nicht zugetraut, dass er das "nordische Wertesytem" übernehmen und sich den sozialen Normen anpassen könnte. Dieses kulturelle Vorurteil gilt manchmal schon für Deutsche, mitunter sogar für Norweger in Schweden oder Schweden in Dänemark. Erst recht gilt es für Einwanderer aus außereuropäischen Ländern, vor allem Moslems. (Nicht alle "Skandinavier" denken so, in Stockholm, Malmö oder Kopenhagen dürften diese Vorurteile aufgrund praktischer Erfahrung eher selten sein. Aber immerhin reícht das für zahlenmäßig große Anhängerschaften rechtpopulistischer Ideen.)

Ich bin tatsächlich der Meinung, dass die "nordische Kombination" aus hohen Sozialleistungen bei sehr flexiblen Märkten in Deutschland nicht funktionieren würde. Jedoch wohl nicht deshalb, weil wir so viele Einwanderer hätten, die, weil sie der "deutschen Volkgemeinschaft" gegenüber keinerlei Loyalitäten hätten, hemmungslos "abzocken", sondern weil die (hier trifft der Begriff wirklich zu) deutsche Leitkultur anders funktioniert als (zurzeit noch!) die "skandinavische".
Und das die Gefahr für die "nordische Sozialharmonie" nicht in ein paar nicht integrationswilligen Einwanderern liegt, sondern darin, dass das tradierte System ungeschriebener Anstandsregeln auch bei den "Ureinwohnern" immer mehr erodiert.

Die Hoffnung in den "Markt", den Schütte in Anlehnung an Friedman äußert, vermag ich nicht ganz zu teilen. Damit ein freier Markt überhaupt funktioniert, sind gegenseitiger Respekt und gemeinsame Vorstellungen von Fairness unverzichtbar. Eine weit verbeitete "Abzockermentalität" tötet den freien Markt auf mittlere Sicht ebenso sicher wie den Sozialsstaat. Er ist lediglich etwas robuster.

Hagalil ist wieder da ...

... und zwar gleich mit einem Artikel, der wichtig und ziemlich
heftig ist: Spektakulärer Mord bei Paris:
"Die Gang der Barbaren"


Ich schätze die Hagalil als Stimme der Vernunft und Aufklärung dort, wo Vorurteile, Desinformation, oft unbewußt wirkende antisemitische Klischees und Verschwörungslegenden immer mehr das öffentliche Klima bestimmen.

Sonntag, 19. Februar 2006

Stimme der Vernunft

Anlässlich des unsäglichen "Karikaturenstreits" und des herbeigeredeten "Kampf der Kulturen" schrieb Muhammad Kalisch, Direktor des Centrums für religiöse Studien an der Uni Münster einen sehr klugen, sehr fundierten und unbedingt lesenswerten Aufsatz über das Denken der Muslime, die Heuchelei des Westens und die Widersprüche innerhalb der westlichen Zivilisation, und die Notwendigkeit von Reformen des Islams aus eigenem Antrieb.
Ein möglicher Ausweg aus einer kulturellen Krise, für die der "Karikaturenstreit" nur Symptom, aber nicht Ursache ist.

Stellungnahme zum gegenwärtigen Konflikt um die Karikaturen, die den Propheten Muhammad abbilden

Freitag, 17. Februar 2006

Noch mal "Verschwörungstheorien"

Das Thema "Verschwörungstheorien" läßt mich nicht los. Wohl, weil sie im Moment (?) das politische Denken nicht nur in Palestina bestimmen "Jüdische Weltverschwörung". Die ebenso alberne wie unheilvolle "Karritaturenaffäre" liefert reichlich Anschauungsmaterial Image hosting by Photobucket.

Um nicht alle Überlegungen doppelt und dreifach ins Netz stellen zu müssen, hier ein Link zum Nornirs Ætt-Forum: Verschwörungstheorien

Ein langer Thread mit vielen Links, aber es lohnt sich.

Ein paar Kostproben:
Verschwörungen bauen sich meist nach dem selben Muster auf: Nimm ein Stück Wahrheit (z.B. Anlagen, die "Langwellen" emittieren), gehe davon aus, dass die Motivation nie die ist, die vorgegeben wird (Radar? Funk? Nein, die wollen was gaanz anderes) und spekuliere über alternative Motivationen, die natürlich gegen einen gerichtet sind ("Manipulieren/ Mind Control").

Dazu noch ein paar hübsche rekursive Logikfehler in die Argumentation eingebaut (Die Grundannahme ist eine These und ein Fakt, aus der eine Hypothese entwickelt wird, die dann durch den Fakt immer wieder als Ping-Pong-Spiel gestützt wird, und am Ende ist "vergessen" worden, dass die Logik nicht wegen der Fakten "funktioniert", sondern wegen des Thesenanteils der Grundannahme - die selbst aber keinerlei "Beleg" hat sondern reiner Glaubenssatz bleibt. Nimmt man die These von der Grundannahme weg, bricht auch die Schlussfolgerung zusammen, trotz noch so vieler "Fakten" - was zeigt, dass es eben nicht die Fakten waren, die die Hypothese gestützt haben, sondern der Glaubenssatz) - und fertig.
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Der Mondflug an sich ist ein ungeheures, außerhalb unserer tagtäglichen Erfahrung liegendes, Erlebnis. Dass es "die Raumfahrt" an sich gibt, kann niemand mehr leugnen, die ISS läßt sich mit bloßem Auge beobachten und das Sateliten-Navigationssystem funktioniert ohne Sateliten genausowenig wie das Sateliten-Fernsehen. Mit den Mondflug ist das anders, hinzu kommt die Erfahrung, was sich mit moderner Tricktechnik alles im Film darstellen läßt. Ein Betrug scheint so einfach möglich zu sein, ein Mondflug zu einer Zeit, als es noch nicht mal PCs gab und jedes dritte Auto ein VW-Käfer war, wirkt dagegen irgendwie irreal.
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Verschwörungstheoretiker wird man IMO dann, wenn im Denken hauptsächlich zwei Prioritäten überhand nehmen:

Einmal der Glaube, dass "das alles ja einen Grund haben muss", verstärkt durch die Grundannahme, dass ein offensichtlicher Grund niemals der "wahre" sein kann, also eine Art Angst vor dem "Profanen" verknüpft mit dem Glaubenssatz, dass alle Korrelation eine Kausalverknüpfung haben müsse.

Und zum anderen in einem Motivationsschwerpunkt, der Ursachen und Wirkungen "verdreht": nicht das Phänomen steht im Mittelpunkt der Überlegung (oder auch Problemlösungs) sondern das Phänomen ist der Beleg für eine These / den Glaubenssatz "da muss Absicht dahinterstecken" - wobei (ich hatte das ja schon erläutert) das System Beleg - Rückschluss - Beleg (per Kausalkette von Korrelationen z.B.) sich bei genauer Betrachtung komplett im Kreis dreht, sich sozusagen am eigenen Schopf ziehend "bewegt", was freilich lediglich eine optische Täuschung ist.
Zur Theorie der Verschwörungstheorie empfehle ich die Magisterarbeit "Zur soziologischen Topographie von Verschwörungstheorien und Verschwörungstheoretikern unter besonderer Berücksichtigung der Anschläge vom 11. September"
von Carsten Pietsch. Diese wissenschaftliche Arbeit geht auch auf die Arbeitsweise von Gerhard Wisnewski ein. (Download hier, leider im "MS Word" Format: Zur soziologischen Topographie von Verschwörungstheorien ... )

Noch ein Tipp: Die 18 Journalistenschüler des 25. Lehrgangs der Henri-Nannen-Schule haben sich zwei Wochen lang auf die Spuren von Verschwörern und Theoretikern begeben. Hier das Ergebnis: Da draußen ... Unbedingt lesen!

Mittwoch, 15. Februar 2006

Verschwörungstheorien "Rolltreppe abwärts"

Möglicherweise gibt es bei Verschwörungstheoretikern eine eingebaute Abwärtsspirale, was das inhaltliche Niveau der Theorien angeht, begleitet von zunehmender Paranoia.

Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck, als ich das neueste Buch von Gerhard Wisnewski entdeckte (in der öffentlichen Bücherei, kaufen wollte ich es nicht): Lügen im Weltraum: Von der Mondlandung zur Weltherrschaft

Gekauft hatte ich vor Jahren ein gutes Buch, an dem Gerhard Wisnewski mitschrieb. "Das RAF-Phantom". Es legte eine durchaus schlüssige Indizienkette dafür vor, dass es die "3. Generation" der RAF, die in den frühen 90er Jahren gern von "Sicherheitsexperten" als Gefahr an die Wand gemalt wurde, nie gegeben hat. Auch die Frage, wem das nützt, konnte das Autorenteam wenigstens ansatzweise beantworten: Das "RAF-Phantom" diente als Rechtfertigung für den sonst nur schwer durchsetzbaren Ausbau des Sicherheitsapparates und des Abbaus von Bürgerrechten.
Allerdings bin ich schon damals darüber gestolpert, dass die RAF der 3. Generation nicht etwa als zur akuten Bedrohung aufgeblasenes Häufchen politisch dilletantischer Gewalttäter gesehen wurde, sondern gleich als komplette Inszenierung. Ein Hauch von "Weltverschwörung" durchwehte schon dieses Buch.

Dann, 2003, lief die WDR-Dokumentation "Aktenzeichen 11.9. ungelöst", für die Wisnewski zuerst gefeiert wurde - weil er kritische Fragen stellte. Dann wurde er gefeuert weil seine "Antworten" extrem an den Haaren herbeigezogen und zudem fadenscheinig waren - und nicht passende Fakten schlichtweg ignorierten. Fantomas kehrt zurück
Es mag in der Tat viele offene Fragen zu den Anschlägen vom 11. September 2001 geben. Doch die Darstellungen von Gerhard Wisnewski sind hanebüchen. Die Aussage eines Mannes, der als Kind im Innenhof des Pentagon auf einer Kiste gesessen haben will, in der, wie man ihm sagte, Flugabwehrgeschütze gelagert seien, soll flugs die Behauptung stützen, dass das Pentagon vor einem Flugzeugeinschlag gefeit gewesen wäre. Ein alter Mann, der erklärt, in Pennsylvania an der Absturzstelle kein Flugzeug gesehen zu haben, soll die These belegen, es habe dort keinen Absturz gegeben. Insgesamt kommt Wisnewskis Argumentation jedoch ohne Beweise aus.
Schlimmer noch, auf seiner Website vertrat er offen antisemitische Verschwörungstheorien. Gerhard Wisnewski will nicht "offener Antisemit" genannt werden: Antisemit? I wo!

Im Zuge dieses allgemeinen Abwärtstrends wundert es nicht, dass jemand, der mal als kritischer Journalist angefangen hat, in der untersten Schublade der Verschwörungstheorien landete: Beim "Mondschwindel". Zugegeben, was Wisnewski da über Propagandamanöver und Machenschaften des militärisch-industriellen Komplexes schreibt, liest sich spannend und plausibel.
Aber Recherche gehört eindeutig nicht zu seinen Stärken. Er behauptet z. B. in Encyclopedia Astronautica seien keine bemannten Redstone-Flüge aufgeführt. Na ja: Encyclopedia Astronautica: Mercury-Redstone
Als Raumfahrt-Enthusiast kenne und nutze ich die Encyclopedia Astronautica schon seit Jahren, der Mercury-Artikel ist seit mindestens fünf Jahren online! Außerdem dürfte schon eine flüchtige Lektüre der E. A. die meisten Argument der "Apollo-Skeptiker" ad absurdum führen.

Abschließend eine Website, die sich ausführlich mit den Argumenten "contra Mondlandung" auseinandersetzt - auch solchen, die besser sind, als die von Wisnewski angeführten:
Mondlandungs(f)lüge?

Nachtrag: als kurzer Überblick über die wichtigsten "Mondlandungs-Lügen"-Argumente nebst Widerlegung reicht schon die Wikipedia (von der Wisnewski übrigens nicht viel hält Image hosting by Photobucket )
Mondlandungslüge
Eine weitere sehr gute, auch für technische Laien verständliche Punkt-für-Punkt Widerlegung der Mondlandungslüge: Apollo-Projekt
Und der "Klassiker" unter den Mondlandungslügen-Widerlegungs-Websites (auf Englisch): Bad Astronomy: Fox TV and the Apollo Moon Hoax

Und noch eine Fundsache: Das Team von "Moon Base Clavius" hat sich kritisch und sachkundig mit Wisnewskis Buch auseinandergesetzt:
Deutsche Moonhoax Autoren - Gerhard Wisnewski
Gerhard Wisnewski hat in Lügen im Weltraum sein geballtes Raumfahrt-Nichtwissen niedergeschrieben, inklusive einer Unmenge an längst gelösten und unsinnigen Fragen.

Samstag, 11. Februar 2006

Die Islamisten und die Antifa

Interessante Fundsache bei "Indimedia":
Am 11.02.2006 veranstalteten Muslime in Düsseldorf eine Großdemonstration mit etwa 2000 Teilnehmer_innen. Inhalt dieser waren die dänischen Karikaturen, die als "gezielter Angriff" auf die "gesamte islamische Welt" interpretiert wurden. Die antidänische Ausrichtung wurde spätestens durch das Ziel des Demonstrationszuges, das dänische Konsulat, deutlich.
Einige unabhängige antifaschistische Aktivist_innen nahmen dies zum Anlass, die Veranstaltung zu beobachten.
In einem von Teilnehmer_innen der Großdemonstration verteilten Flugblatt wurde sich mit den oben genannten Prämissen offen gegen Pressefreiheit ausgesprochen:

"Daher fordern wir die Verantwortlichen der Politik dazu auf, dieses Verständnis von Presse- und Meinungsfreiheit, dass sich anmaßt, Menschen in ihren religiösen und moralischen Werten beleidigen zu dürfen, gesetzlich dahingehend einzuschränken, dass jeder, der in Ausführung seiner Presse- und Meinungsfreiheit andere beleidigt, mit ernsten strafrechtlichen Konsequenzen bedroht wird."
Weiterlesen: Düsseldorf: Für das Recht auf Blasphemie

Ganz klar: damit haben die Organisatoren der Demo eine Linie überschritten. Unmutsäußerung über die Karikaturen ist legitim, Kritik an der dänischen Regierung, insofern es die verschärften dänischen Ausländergesetze betrifft, auch, Forderungen, die Pressefreiheit einzuschränken, gehen an die Kernsubstanz der Demokratie; sie sind nicht hinnehmbar.
Die dänischen Karikaturen – inwieweit jene rassistisch konnotiert sind, ist ohnehin schwer zu beurteilen – werden kaum auf ihre mögliche islamophobe Dimension hin kritisiert, sondern werden nur als vermeintlich rationales Moment für eine an sich irrationale Antimoderne instrumentalisiert.
Ungeachtet der "antifa-deutschen" Formulierung: Das sehe ich genauso.

Weitere Fundsache, aus fdog:
Wenn die Tagesschau es fertigbringt, wie ich soeben erfahren habe, die fundamentalistische Feldpredigt vor der Dänischen Botschaft als “besonnene Kundgebung” zu bezeichnen, würde ich die Verantwortlichen gerne beglückwünschen – zu ihrer transdimensionalen Technologie, mit der sie aus einem Parallel-Universum berichten können, in dem derartige Manifestationen als “besonnen” durchgehen.

Ein Vorbeter, eine Masse, ein Ruf aus tausend (naja 500-600) Kehlen. Allah u Akbar!
Und aus diesen Stimmen konnte ich nicht den Wunsch nach Akzeptanz heraushören. Das war der Wunsch nach einem Strafgericht und der Befreiung von der Last der Individualität mit all ihren Zumutungen.

Wenn das, was ich mir ansehen durfte, die Religion des Friedens sein soll, ist der Papst Feminist.
Mal sehen, ob die Islamisten-Fundis es schaffen, die bisher mehrheitlich wirklich (und nicht nur im weichgespülten Tagesschau-Jargon) besonnenen deutschen Muslime vor ihren anti-demokratischen Karren zu spannen. Hoffentlich merken die "Mitläufer", dass solche Aktionen praktisch jedes antiislamische Vorurteil bestätigen!

Zumutung muss sein.

Und noch was, gefunden bei den beiden "neoliberalen Puppen" ;-)dem ich nur zustimmen kann:
Einige Zeit vergeht, schließlich legt sich nach einer Weile endlich die Aufregung ein wenig; selbst das Verbrennen dänischer Flaggen und das Stürmen europäischer Botschaften wird offensichtlich irgendwann langweilig. Und dann kommen die Trittbrettfahrer. Wenn in der Tagesschau zu sehen ist, wie in Damaskus der Mob randaliert, dann gibt es ganz schnell in Buxtehude Leute, die sich vom Besitzer der Falafel-Bude um die Ecke bedroht fühlen. Man wäre jetzt eigentlich lieber unter sich.

Und schon fordert Oskar Lafontaine in einem Interview mit der ZEIT, daß es keine Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt mehr geben dürfe — vielleicht bereitet er insgeheim schon die Fusion der Linkspartei mit der NPD vor, die sozialpolitischen Programme sind ohnehin fast deckungsgleich. Und schon gibt es
konservative Kollegen, die ihre Leitkultur auch gerne mittels Abschottung nach außen durchsetzen wollen.
Komplett hier: Das Boot ist voll und soll nicht schaukeln

Sonntag, 5. Februar 2006

Die Moschee im Dorf lassen 3

Vor Jahren las ich in einem Science Fiction Roman vom "Bananenschalen-Krieg" - einer Verkettung aberwitziger Fehlreaktionen, die damit anfangen, dass der Oberkommandierende der US-Airforce auf einer Bananenschale ausrutscht - und mit einem weltweiten Atomkrieg enden.
Im Moment läuft, scheint mir, ein ähnlicher Prozess ab - hoffentlich nicht bis zum beschrieben bitteren Ende.

Die Instrumentalisierung der an sich eher banalen Affäre um die Mohammed-Karrikaturen hat inzwischen ein abenteuerliches Niveau erreicht, dass ich mir vor einigen Wochen noch nicht hätte vorzustellen gewagt hätte.
Einen sehr lesenwerten Beitrag über die Hintergründe, die zur Veröffentlichung jener Karrikaturen in Jyllands Posten geführt hatten, fand ich bei Spindoctor -> Mohammed-Karikaturen: Provokation von allen Seiten.
Bedrückend die Tatsache, dass der Ausgangspunkt der in ihren Konsequenzen unabsehbaren Eskalation der Versuch des auch in Deutschland bekannten dänischen Kinderbuchautoren Kåre Bluitgen war, ein aufklärendes Kindersachbuch über den Islam zu veröffentlichen.
Im vergangenen Sommer war bekannt geworden, dass Bluitgen keinen Illustrator für sein jüngstes Buchprojekt finden konnte: das Leben des Propheten Mohammed, für Kinder erzählt. Den Propheten abzubilden ist im Islam untersagt, doch erstens ist Dänemark ein säkulares Land, zweitens hatte Bluitgen beste Absichten. Trotzdem hatten die angefragten Zeichner verängstigt abgewinkt. Der Mord an dem niederländischen Islamkritiker und Filmemacher Theo van Gogh durch einen islamischen Fundamentalisten hatte auch die dänische Künstlerszene verunsichert. So viel Zaghaftigkeit rief Flemming Rose auf den Plan, den Kulturchef der größten dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten. Rose bat die namhaftesten Karikaturisten des Landes, den Propheten Mohammed zu zeichnen. Er habe in Erfahrung bringen wollen, sagt Rose, »wie weit die Selbstzensur in der dänischen Öffentlichkeit geht«. Vierzig Zeichner wurden angefragt, zwölf sandten Karikaturen ein, die Ende September in der Wochenendausgabe der Zeitung veröffentlicht wurden. Die provokanteste Karikatur zeigte den Propheten mit einem Turban in Form einer Bombe. Auf einer anderen werden verdutzte Selbstmordattentäter beim Eingang ins Paradies mit den Worten abgewiesen: »Uns sind die Jungfrauen ausgegangen.« Wieder andere verspotteten die Motive der Zeitung. »Die Kulturredaktion der Jyllands-Posten ist ein Haufen konservativer Provokateure«, lautete eine Unterzeile.
(Aus dem "Zeit"-Artikel Allah und der Humor)

Neben all den fahrlässigen, mutwilligen und eiskalt berechnenden Provokateuren finde ich übrigens auch die "Appeasement-Experten", die für die "aufgebrachten Moslems" irgendwie Verständnis haben, zum kotzen.

Als ob a) die paar Fanatiker, die sich ursprünglich darüber aufregten, "die Muslime" seien (die Gemeinde des Iman Abu Laban, ohne die die Karrikaturen-Affäre schon September letzten Jahres von der Weltöffenkeit unbeachtet versandet wäre, hat nur einige hundert Mitglieder und war als "Hardliner" innerhalb der dänischen Muslime weitgehend isoliert) und b) die Botschaft solcher "verständnisvoller" Töne nicht wäre: "Je heftiger und gewaltiger man auf etwas reagiert, was einem nicht paßt, desto eher wird man respektiert, desto besser kann man seine Interessen durchsetzen"!

Noch etwa für all jene, die selbstgerecht mit dem Finger auf die "rassistische Politik" und den "den ideologischen Kulturkampf" der Dänen zeigen: Es trifft zu, seit der Regierungsübernahme vor 5 Jahren hat die Regierung Anders Fogh Rasmussen eine diskriminierende Sozialgesetzgebung für in Dänemark lebende Ausländer durchgesetzt, die europaweit (noch) nicht ihresgleichen hat. Und es stimmt auch, dass es in der dänischen konservative Presse seit Jahren ziemlich widerliche Kulturkampf-Kampagnen gegen die "rückständige" Moslems gibt. Aber: angesichts dessen, was deutsche Politiker, auch solche in höchsten Staatsämtern, in Sachen Einwanderpolitik so von sich geben und angesichts der in Deutschland mindestens so weit wie bei unseren nördlichen Nachbarn verbreiteten "Ausländerfeindlichkeit" möge man sich einmal vorstellen, im Bundestag säße eine rechtpopulistische Partei, vielleicht vom Schlage der glücklicherweise verblichenen "Schill-Partei", und die Regierung Merkel wäre darauf angewiesen, von den "Rechten" tolieriert zu werden.
Ich gehe jeder Wette ein, dass wir kurz über lang Ausländergesetze vom "dänischen Zuschnitt", wenn nicht noch schärfer, hätten - und diese Gesetze bei einer soliden Mehrheit der Deutschen durchaus populär wären.

(Die Hamburger PRO alias "Schill-Partei" orientierte sich stark am Vorbild der "Dansk Folkeparti" aus dem nicht allzu weit entfernten Dänemark. Das andere "große Vorbild" Schills war übrigens die bayrische CSU.)

Nachtrag: Fundsache bei "Fakten & Fiktionen": Sind diese Fotos aus Nahost? Nein, aus Londonistan! Nur was für starke Nerven!
Was leider auch für etliche der Kommentare gilt.

Und noch was: Ich schließe mich Distel an:Jeg elsker Danmark!

Und noch ´n Nachtrag - weil erst jetzt entdeckt: Ein Sturm der Empörung, gezielt entfesselt Süddeutsche Zeitung, vom 3. Februar
Sehr lesenswert!

Nachtrag, 6. Februar: Offensichtlich hatten sich doch Illustratoren für das Kinderbuch über das Leben Mohammed von Kåre Bluitgen gefunden. Auf einem dänischen Blog wurden einige der Zeichnungen online gestellt:
Billeder fra Kåre Bluitgens bog om Mohammed

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