Überwachungsgesellschaft

Mittwoch, 2. Juli 2008

Im Schatten des Sommerlochs

werden so manche das Licht der breiten Öffentlichkeit scheuende Gesetze durchgepeitscht. Deshalb läuft es mir bei dieser Meldung trotz sommerlicher Wärme eiskalt den Rücken ´runter: EU: Konservative wollen Internet-Nutzung lückenlos überwachen (heise online)

Einen treffenden Kommentar zu diesem geradezu chinesischen Unterfangen: BIg Brother EU ("Indiskretion Ehrensache").

Wir sind aber nicht ganz wehrlos: Mitmachen: Europaweite Aktion gegen das Telekom-Paket(netzpolitik.org)

Mittwoch, 18. Juni 2008

(K)Eine gute und eine schlechte Nachricht aus unseren Nachbarländern

Zuerst die Gute:
Schwedens Regierung zieht Abhörgesetz zurück.
Die konservative schwedische Regierung unter Statsminister (etwa: Premierminister oder Ministerpräsident) Fredrik Reinfeldt wollte dem militärischen Abhördienst FRA umfassende und verdachtsunabhängige Kontrollmöglichkeiten für den kompletten Mail- und sonstigen Internet-Verkehr ins Ausland sowie alle grenzüberschreitenden Telefonate geben, um "Gefahren von außen" schneller erkennen zu können.
Dazu sollten alle von Schweden ins Ausland führenden Datenkabel mit Filtern versehen werden, die auf vorher definierte Begriffe, Zahlenkombinationen oder andere Codes reagieren. Eine ähnlich umfassende Kontrolle gibt es nach Auskunft von Experten ausschließlich über das umstrittene britisch-amerikanische Spionagesystem "Echelon". Die liberale schwedische Zeitung "Dagens Nyheter" verglich Schweden deshalb mit Nordkorea oder der früheren DDR. Der Gesetzentwurf wird an die Ausschüsse zurücküberwiesen.
Zu denken gibt mir, dass der Gesetzentwurf wegen Widerstands aus den eigenen Fraktionen der vier Koalitionsparteien zurückgezogen wurde - das Regierungsbündnis verfügt nur über eine knappe Mehrheit von vier Mandaten. Gäbe es in Schweden eine große Koalition mit satter Mehrheit, wäre das Schnüffelgesetz jetzt durch.

Nachtrag: Es sieht so aus, als ob mit ein kleine Korrekturen das in schwedischen Medien "Lex Orwell" genannte Gesetz doch noch durchkäme: Schweden legt Lausch-Gesetz mit Abstrichen vor
Stimmt "Nein" - Schweden protestiert gegen Abhörpläne der Regierung.
... Fy fan *)
Schwedens Parlament stimmt umfassendem Lausch-Gesetz zu - mit einigen kosmetischen Abstrichen und einigen kleinen Beruhigungspillen.
*) Pfui Teufel! - Mir fällt gerade kein saftigeres schwedisches Schimpfwort ein ...

Nachtrag: sehr guter Beitrag auf Rabenhorst: "STOPPA Lex Orwell" in Schweden

... und nun die Schlechte:
Weißrusslands Parlament billigt repressives Mediengesetz .
Ein Mediengesetz, mit dem sich meines Erachtens Lukaschenkos Regime als "lupenreine Diktatur" (und nicht "nur" als "autoritärer Staat", wie Weißrussland bei uns meistens genannt wird) zu erkennen gegeben hat. Bisher war das Internet in Weißrussland praktisch die einzige noch unabhängige Informationsquelle. Das neue Gesetz macht damit Schluss: Alle Medien müssen sich bei der Regierung registrieren lassen, auch Internet-Zeitungen. Websites können nur ohne Vorwarnung geschlossen oder der Zugang blockiert werden. Journalisten können für die Weiterverbreitung ausländischer Nachrichten inhaftiert werden. Weiterhin dürfen nur noch registrierte Journalisten im Internet Texte und Bilder publizieren. (Praktisch ein Blog-Verbot.) Das Gesetz muss noch eine zweite Lesung im Herbst passieren, was wohl reine Formsache ist.

Freitag, 13. Juni 2008

"Ich habe doch nichts zu verbergen, also auch nichts zu befürchten"

Wer so etwas oder Ähnliches glaubt (sehr verbreitet sind die Varianten "Wer so was macht, darf sich nicht wundern, wenn ..." oder "Irgend was wird schon gewesen sein, wenn ..." oder auch "Ich mache doch nur ..."), oder wer darauf vertraut, dass unsere Polizisten (Staatsanwälte, Richter, Politiker ... ) schon sorgfältig, sachkundig und gewissenhaft vorgehen würden, der sollte sich diese Liste von Fällen von Datenmissbrauch und Irrtümern gründlich durchlesen!

Mittwoch, 11. Juni 2008

Vorratsdatenspeicherung auf der Kippe

Das virtuelle Datenschutzbüro
EuGH: Verhandlung über Klage gegen VDS am 1. Juli
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die mündliche Verhandlung über die Beschwerde Irlands und der Slowakei gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) für den 1. Juli angesetzt.
Zur Erinnerung: die Vorratsdatenspeicherung wurde als Umsetzung von EU-Recht als "Umsetzungsgesetz zur Vorratsdatenspeicherung" von der Bundesregierung beschlossen und vom Bundestag verabschiedet. Dieses Umsetzungsgesetz enthielt allerdings Bestimmungen, die über die EU-Richtlinie hinausgingen, zum Beispiel sollten die Geheimdienste auf die gespeicherten Daten zugreifen können.
Sollte die Richtlinie fallen, wovon viele Beobachter ausgehen, wäre der Weg frei für das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), das deutsche Umsetzungsgesetz zu kippen.
Das BVerfG geht gemäß seinem ‘Solange-II‘-Beschluss davon aus, dass europäische Rechtsakte im Allgemeinen einen mit den hiesigen Standards vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleisten und verzichtet daher auf die Kontrolle europäischer Richtlinien, die dann Sache des Europäischen Gerichtshofs ist.
Das BVerfG hat bereits die über die Richtlinie herausgehenden deutschen Regelungen Mitte März gekippt, im Hauptsacheverfahren könnte die Vorratsdatenspeicherung insgesamt für verfassungswidrig erklärt werden.

Samstag, 7. Juni 2008

"Skandal bei der Telekom" (extra3 Spitzel-Song)

Manche Videos muss ich einfach bloggen. "Skandal bei der Telekom" ist nicht nur inhaltlich treffende Satire, sondern auch noch sehr gut gemacht:

Wobei das nur der Spitzel des Eisberg ist. jens scholz weist auf die Ursachen für die Missachtung des Datenschutzes hin: Lufthansa und ihre Daten und Begehrlichkeiten. Ich teile jens' Ansicht, dass es ohne gewissenhafte und datenschutzbewußte Programmierer, Datenbankadministratoren und andere unmittelbar mit den Daten arbeitende Mitarbeiter, die vorsichtig und korrekt arbeiten, noch weitaus schlimmer wäre. Leider gibt es aber auch auf dieser technischen Ebene vorauseilenden Gehorsam und Gleichgültigkeit.

Neulich, bei der Telekom:

Freitag, 6. Juni 2008

Öffentliche Petition gegen BKA-Gesetz

Das von der Bundesregierung beschlossene BKA-Gesetz enthält eine lange Reihe aus bürgerrechtIicher Sicht gefährlicher Bestimmungen. Dazu gehört, dass das BKA zu einer Art "deutschem FBI" ausgebaut werden soll. Eine öffentliche Petition kann zumindest verhindern, dass das BKA-Gesetz vom Bundestag einfach "durchgewunken" wird.

Hier kann man die Petition online unterzeichnen:
Öffentliche Petitionen - Kriminalpolizei des Bundes: Exekutive Eingriffsbefugnisse

Montag, 2. Juni 2008

Wer schützt unsere Jugend vor wildgewordenen Jugendschützer?

Familienminister liebäugeln mit weiterer Verschärfung des Jugendschutzes (heise online).
Ich gebe zu, dass ist ja alles gut gemeint, und manches (wenn es denn technisch möglich wäre) sogar unter Umständen sinnvoll - aber im Großen und Ganzen müffeln die Vorschläge deutlich nach Bevormundung, nicht nur der Jugendlichen, sondern auch der Eltern und Erzieher. Nebenbei scheint es auch mit dem Realitätssinn der Familienminister zu hapern, denn ob z. B. die angestrebte (klosterschulentaugliche) deutsche Regelung auch für ausländische Webseiten mit Content "über 18" durchsetzbar wäre, ist doch sehr fraglich. Die meisten geplanten Regelungen schreien doch geradezu danach, von cleveren Jugendlichen umgangen oder ausgetrickst zu werden. Vielleicht ist das auch die tiefere pädagogische Absicht: die jungen Leute auf eine Welt vorzubereiten, in der Gesetze und Vorschriften nur für die da sind, die sie nicht umgehen können.

Wie auch immer: wir gehen mit Riesenschritten auf einen repressiven "Präventionsstaat" zu - und viele, die nicht merken, dass das auf kurz oder lang auch ihre Freiheit beschneidet, klatschen dazu auch noch Beifall.
Sehe gerade, dass Burks es treffender als ich ausdrückt: Immer schärfer und klostertauglicher.

Freitag, 30. Mai 2008

Überwachungsstaat und Überwachungsgesellschaft

Morgen, am 31. Mai, ist bundesweiter Aktionstag "Freiheit statt Angst" - In vielen Städten gibt es Demonstrationszüge und Infoveranstaltungen zum Thema Überwachungsgesellschaft und Datenschutz. Ich schreibe bewusst "Überwachungsgesellschaft", weil uns nicht "nur" der "Überwachungsstaat", sondern eine "Überwachungsgesellschaft" ins Haus steht. "Big Brother" kann heutzutage auch Privatunternehmer sein, und auch in der "freien Wirtschaft" gibt es genügend "Entscheider", die Privatsphäre für ein Effizientshindernis oder gar für ein Sicherheitsrisiko halten.

Karsten nimmt sich anlässlich des aktuellen "Telekom-Schnüffelskandals" auf B.L.O.G. des Problems an:
Vor 20, 30 Jahren war es noch so, dass nur staatliche Organe die Möglichkeiten und Ressourcen hatten, um eine totale, bedrohliche Überwachung gegen Einzelpersonen in Stellung zu bringen. Aus dieser Zeit (und der davor) stammt die liberale Überzeugung, dass man staatliche Sicherheitsmaßnahmen genau unter die Lupe nehmen muss, um zu verhindern, dass wir in einen Polizei- und Überwachungsstaat abrutschen.

Doch diese Perspektive ist längst zu kurz gegriffen, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Vermachtung der Gesellschaft nicht mehr ausschließlich auf den Staat beschränkt ist. Je stärker die wirtschaftliche Machtkonzentration wächst, um so stärker wächst auch die Bedrohung durch Überwachung von Privaten.
Weiterlesen: Datenschutz - eine neue Perspektive.

Dazu auch der passende Werbespot: “Wovon Schäuble noch träumt, ist bei uns schon Wirklichkeit! - Deutsche Telekom" (vom NDR - Extra3).

Samstag, 19. April 2008

"Es geht um Abschreckung"

Ein sehr kluger Kommentar von Kai Bierman auf "Zeit online":
Es geht bei der Onlinedurchsuchung nicht darum, ein wirksames Instrument für Strafermittler zu schaffen. Das ist nach der Einigung von Innenminister Wolfgang Schäuble und Justizministerin Brigitte Zypries nun offensichtlich. Es geht um Abschreckung. Und es geht auf der anderen Seite darum, dass die demokratische Gesellschaft sich ihre Freiheiten und Rechte im Zeitalter des Internets neu erkämpfen muss.
Weiterlesen: Freiheitskampf im Netz.

Da passt es ins Bild, dass der Entwurf des neuen BKA-Gesetzes, dass laut Innenminister Schäuble den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge, nicht veröffentlicht wurde. Udos law-blog: Der nicht nachlesbare Entwurf. Die Dreistigkeit, des Innen- und des Justizministerium ist schon bemerkenswert: Wie kann man uns verkünden, dass der Gesetzentwurf den Vorgaben aus Karlsruhe genügen würde, und uns die Informationen, die wir bräuchten, um uns eine eigene Meinung bilden zu können, dennoch vorenthalten?
Ich sehe das als Beleg dafür, dass unsere politischen Entscheider einfach Angst haben - vielleicht vor Terroristen, aber ganz bestimmt vor dem Volk. Weshalb sie dem "mündigen Bürger" grundsätzlich misstrauen.
Nachtrag: Björn macht sich auf B.L.O.G. Gedanken über die Rolle der sich nach eigenen Angaben für die Bürgerrechte stark machenden Sozialdemokraten im Trauerspiel "Demokratieabbau auf Raten": Wer hat uns verraten ....

Nachtrag 2: Als pdf zum herunterladen: Entwurf für das neue BKA-Gesetz Stand 16. April 2008, via Netzpolitik.

Dienstag, 11. März 2008

... und noch ein Schnüffelgesetz kassiert

Das Bundesverfassungsgericht hat die automatische Erfassung von Autokennzeichen in Hessen und Schleswig-Holstein für verfassungswidrig erklärt. Der massenhafte Abgleich von Nummerschildern, die etwa an Mautbrücken automatisch erfasst werden, mit Fahndungsdatenbanken sei nicht zulässig. (Zur Erinnerung: in Hessen wurden ca. 1 Million Kennzeichen gescannt, stolze Trefferquote 0,3 Promille, meistens Autobesitzer, die ihre Versicherungsbeiträge nicht gezahlt hatten. Aber immerhin: es sollen auch drei gestohlene Fahrzeuge ins Netz gegangen sein - was in den Augen der Befürworter die Kontrollen voll und ganz rechtfertigte.) Die Gesetze verletzen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung - zum Beispiel könnten mit den gespeicherten Kennzeichen mühelos Bewegungsprofile erstellt werden. tagesschau.de: Kennzeichenerfassung verstößt gegen Grundgesetz.

Allerdings: es gibt noch Einiges zu tun, jedenfalls solange das noch im Raum steht: Die Kennzeichenerfassung kommt trotzdem.

Das BVerfG ist grundsätzlich eher zurückhaltend in seinen Urteilen. Wenn also "auf einmal" eine ganze Reihe Gesetze aus dem Bereich "Innere Sicherheit" glatt verfassungswidrig sind, zeigt das, dass da etwas oberfaul ist - vor allem stimmt es bedenklich, dass diese Gesetze zuvor glatt durch die Parlamente gingen. Was Bände über die Paranoia vieler Sicherheitsexperten und Innenpolitiker (Dr. "Seltsam" Schäuble ist da nur ein Beispiel unter vielen) und die Mentalität des gewöhnlichen Abgeordneten und "Parteisoldaten" verrät.
SPD-Fraktionsfisch
Eine Dose deutsche Parlamentarier (Quelle: selbstgemachtes Foto)

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