Überwachungsgesellschaft

Sonntag, 21. September 2008

Wir sind to(l)lerant geworden

Unsere Welt ist bunt. Vielfältig.
Die Art, wie wir uns kleiden und schmücken ist genau so vielfältig geworden. Die Zeiten, als jemand mit Tätowierungen automatisch als "Knacki" eingestuft wurde (es sei denn, er war Seemann), oder der "falsche" Haarschnitt einem den Job kosten konnte, sind vorbei.
Auch die, in der jeder bunt gekleidete Mann damit rechnen muss, als "Schwul" und jeder Frau mit Kurzhaarschnitt als "Lesbe" verdächtigt zu werden.
Genau sind jene Zeiten passé, in denen Nadelstreif-Anzugträger "automatisch" als Spießer, CDU-Wähler, Managertypen, Schwarze-Lederjackenträger als Rocker, Rebellen, Machos, Minirock-Trägerinnen als leichtlebig und Nickelbrillen-Träger als streberhaft galten.

Wir sind tolerant geworden. Toll tol(l)erant. Vor allem in Äußerlichkeiten. Hin und wieder leider auch gegenüber Leuten, denen gegenüber man besser nicht tolerant sein sollte, wenn man die Freiheit liebt.

Es wäre schon viel gewonnen, wenn wir Vielfalt und Buntheit nicht vor allem im Outfit, im Musikgeschmack oder beim Essen, sondern vor allem im Denken suchen würden.
Wir haben die Freiheit, zu sagen was man denkt. Aber das besagt nur dann etwas, wenn wir auch selber denken.
Besonders schlimm ist es, wenn man nicht denkt, was man nicht sagen darf, oder glaubt, nicht sagen zu dürfen. "Schere im Kopf", der Zensor ist eingebaut. Der innere Zensor ist wichtig, auch und gerade weil es eine äußere, staatliche Zensur nicht gibt.
Eingebaut wird der innere Zensor durch Erziehung, durch Druck, aber immer wieder und immer auch durch Angst.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig mediale Notiz genommen wird, wenn wichtige politische Entscheidungen getroffen werden. Zum Beispiel soll die Künstlersozialkasse abgeschafft werden. Und wenn das nicht reicht, wenn etwa gleichgültige Politikerdarsteller sich im hohen Bogen über alle Bedenken hinwegsetzen, dann wird auch schon mal ein klares "Nein" der Fachleute zu einem Okay umgelogen. Gutes Verhältnis "zur Politik" ist eben wichtig. Wie auch der gute Draht "zur Wirtschaft". Erstaunlich, wie viele Seiten und Sendeminuten auf "Unpolitik", Machtkämpfe und Parteien-PR, verwendet werden. Inhalte? Welche Inhalte? Es geht bei Unpolitik nicht um die Inhalte, sondern schlicht um Gruppendynamik. Leser? Komisch, die werden immer weniger.
Schön, dass "der Leser" nicht jeden Gammel- und Gefälligkeitsjournalismus toleriert.

Es ist kein Zufall, dass reaktionäres Stammtischgequatsche in pseudo-intellektueller Verpackung fast überall auf Zustimmung stößt - in den Medien wie in der Politik. Weil die Rezepte von gestern bei der Bewältigung der Probleme von heute versagt haben, sind eben die Rezepte von vorgestern gefragt.

Warum? Weil die deutsche Gesellschaft - nicht nur die deutsche, aber die ganz besonders - von Abstiegsängsten geplagt wird und Neues fast nur noch als Bedrohung wahrnimmt, nicht als Chance.

Die schlimmste Angst plagt übrigens unsere politischen Entscheider. Eine Tatsache, die mir Angst macht.

Wir brauchen, anders als es uns Eva "heim an der Herd" Herman, Herwig "demographische Zeitbombe" Birg, Peter "Schluß mit Lustig" Hahne und wie sie alle heißen, vom FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher bis zum medial omnipräsenten Medienwissenschaftler Norbert Bolz erzählen, als es uns angstbeißende Politiker und Polizeifunktionäre weis machen wollen, nicht weniger sondern viel mehr Toleranz, Liberalität und Individualismus.

Ich übergebe das Wort an einen richtigen Schweinepriester.
Stasi 2.0

An einem dieser kalten Tage
Da längst kein Storch mehr fliegt
Besorg ich mir ein Grundgesetz
Solang es noch eins gibt
Das zeig ich meinen Kindern dereinst
Heimlich, bei Kerzenlicht
Und schwör ihnen: Das alles galt
Für jung und alt, für dich und mich!
Und fleh sie an: Verratet
Euren Papa bitte nicht…

Halunken als Parteisoldaten
In Terrors Namen: Vorratsdaten
Es sind die Mittel, die den Zweck verraten…
Und das, was wir da vor uns haben
Das ist die Stasi 2.0

Einst waren die Gedanken frei
Heut spielen sie Freiwild:
Gehegt als freie Meinungen
Im unfreien Weltbild
Das Volk ist frei - nein: freigestellt
Besoffen von der Bilderflut
Und wer noch furzen kann, der findet
Für ein Freibier alles gut
Ja, für ein Freibier findet,
Wer noch furzt, hier alles gut

Halunken…

Was Wirtschaftsaufschwung heißen kann
Das weiß der Aktiengott
Was ich mir dafür leisten kann
Ist Elektronikschrott
Die Ampel steht auf rot, du bremst
Und auch dein Nummernschild
Wird, wohin du auch fährst, gespeichert
In das Bewegungsbild
Das lückenlos beweisen wird
Mit wem du alles so verkehrst
Wenn man so will

Halunken…

Schlangestehen und nichts dafür kriegen!
Auch noch bezahlen für die Lügen!
Ja, ist das die Rache der DDR…?
Nein, mein Herr…!
Das ist die Stasi 2.0
musik & text: duke meyer © 2008

Nachtrag - Webfunde, passend zum Thema:

tp: Das nachträgliche Feigenblatt Nulltolerenz ++ gegenüber ALG II-Antragsteller: Bis zum Beweis des Gegenteils stehen sie unter dem Verdacht des Sozialbetrugs - schon die Tatsache, die Zeit zwischen Antragstellung und Entscheid (das können locker 3 Monate sein) überstanden zu haben, macht verdächtig, denn ohne zusätzliche Einnahmen kann man diese Zeit schwerlich überbrücken.

"Uns fehlen die Parolen" "Zeit"-Campus-Interview mit der Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh. Sie erklärt, warum sie der Wahrheit misstraut und unsere Gesellschaft für hysterisch hält, Verfassungsklage gegen den biometrischen Pass erhoben hat und was sie vom Datenschutz im Allgemeinen hält. (Via: netzpolitik)
Ein Staat, der endgültige Wahrheiten formuliert, ist totalitär, Demokratien haben keinen Wahrheitsanspruch.
Juli Zeh

Direkt auf "netzpolitik": Telekom-Paket: Unsere Wahlempfehlungen. Im Telekom-Paket ein Zeit Paket auf vier verschiedenen Richtlinien und einer Empfehlung an die EU-Kommission, das zur Zeit in der EU diskutiert wird - und in der es viele problematische Stellen gibt, die zusammen genommen einen massiven Eingriff in die Netzfreiheit darstellen. Im Artikel geht es darum, wie man seinen EU-Abgeordneten für die im Paket verteilten Trojaner-Regelungen sensibilisieren und dagegen aktivieren kann.

Und dass im in aller Eile und Heimlichkeit verhandelten Abkommen gegen "Produkt-Piraterie" (Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA)) ernsthafte Einschränkungen der Bürgerrechte und Eingriffe in die Privatsphäre vorgesehen sind, erfährt man bei der Electronic Frontier Fundation: U.S. Trade Office Withholds Documents on Secret IP Enforcement Treaty - (via cynx)

Dienstag, 16. September 2008

... damit nicht nachher einer sagt, er hätte vorher "nichts gewußt"

Ein Artikel von Burkhard und Claudia Schröder auf Telepolis:
Des Zierckes neue Gesetze
Die innenpolitischen Scharfmacher sagen offen, was sie wollen: Wohnungen heimlich durchsuchen und informationstechnische Systeme verwanzen und manipulieren. Nur das Grundgesetz steht dem noch im Weg.
Es ist schon ein Trauerspiel mit unseren Volkvertretern (mit wenigen Ausnahmen): Halbgare und erkennbar verfassungsrechtlich problematische Gesetze werden lustlos "durchgewunken". An einer ernsthafte Debatte scheint bei der Anhörung des Innenausschuss des Bundestags über den Entwurf für ein geändertes BKA-Gesetz

Bezeichnenderweise gehörten zu den angehörten Experten keine IT-Fachleute - bezeichnenderweise, denn die meisten der Behauptungen zur "Online-Durchsuchung" lassen sich mit etwas Sachverstand zwischen Daumen und Zeigefinger zerreiben.

Einige Bürgerrechtlern äußern - mal mehr, mal weniger verklausuliert - den Verdacht, dass hinter den angeblich zur Terrorismusabwehr gedachten Überwachungsmaßnamen als Endziel ein "kalter Putsch" zur Errichtung einer Diktatur von Orwellschen Ausmaßen, stünde.

Ich halte diese Vermutung für falsch (was übrigens auch die Schröders tun) . Zirke und andere Befürworter der verschärften Überwachung denken zuerst als Polizisten, die Straftaten verhindern wollen, die Bürgerrechte haben dabei - aus ihrer professionellen Perspektive gesehen - eher den Charakter eines Hindernisses ("Datenschutz ist Täterschutz") Bei vielen Politikern, die diese Gesetzesverschärfungen wollen, vermute ich eine Mischung aus Angst, Eigeninteresse und Ahnungslosigkeit, die, oft verbunden mit einem manchmal naiv anmutenden Vertrauen in die Wirksamkeit von Gesetzen und die Möglichkeiten der Technik zur "Präventionistis" führt.
Was die traurige Mehrheit der Abgeordneten angeht, und die ebenso traurige Mehrheit der Medien, vermute ich Desinteresse und mangelnde Sachkenntnis, wobei der mangelnden Sachkenntnis mangels wirklichem Interesse nicht mit Recherchen abgeholfen wird.
Woher das mangelnde Interesse stammt, kann ich nur vermuten.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Gezerre um die "Online-Durchsuchung" nicht der eigentliche innenpolitische Kriegschauplatz ist. Angesichts der dürftigen intellektuellen Niveaus der Argumente der Befürworter und der zumeist dilettantischen juristischen Ausführung der aktuellen Sicherheitsgesetze wäre die Idee, es gebe eine Art "Masterplan", eine geheime Staatspolizei schaffen zu wollen und einen "Sicherheitsstaat", die einen gläsernen Untertanen verwirklichen, eine Verschwörungstheorie. Aber es bleibt ein Verdacht, dass die Politik das billigend in Kauf nähme, ohne ernsthaft Widerstand zu leisten.
Darin kann ich den Schröders nur zustimmen. Wozu eine finstere Großverschwörung annehmen, wo doch ein bloßer Dilletantismus verbunden mit Fahrlässigkeit locker ausreicht.
Ausreicht, um die Demokratie gegen die Wand zu fahren.

Nachtrag: fefe war auch da und hat über die Anhörung des Innenausschusses einen langen, kritischen Artikel geschrieben, während der Reporter der Tagesschau offensichtlich auf einer anderen Veranstaltung war: Kritik am BKA-Gesetz, aber kaum Verfassungsbedenken - ja, wenn kein einziger der Staatsrechtler den Gesetzentwurf als verfassungskonform bewertet, ist das ja nicht so wichtig!
Tja, und was im "Stern" steht, das liest sie wie vom anderen Stern:
Staatsrechtler geben Okay für BKA-Gesetz. So dreist hätte früher nicht mal die "Bild" gelogen.

Kai Raven war auch da und hat Notizen zur Sachverständigenanhörung über den Entwurf des BKA-Gesetzes gemacht.

Noch ein Nachtrag: Burkhard Schröder hat in seinem Blog noch einige wichtige Ergänzungen zum telepolis-Artikel: BKAG-E vor dem Innenausschuss.
Er hat leider wohl recht: Von der CDU und der SPD ist rein gar nichts zu erwarten. Die würden alles abnicken, sogar ein Ermächtigungsgesetz. Und würden es nicht einmal merken, das ist mein Eindruck.
Man kann nur hoffen, dass die niemals eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag kriegen. Dann könnte selbst das Bundesverfassungsgericht gegen die zahlreichen Verfassungsfeinde im Bundestag nichts ausrichten.

Montag, 15. September 2008

Gesetzgeberischer Ungehorsam gegenüber dem Bundesverfassungsgericht

Nur zur Erinnerung: Der Bundestag berät zur Zeit über den Gesetzentwurf für eine Novelle des BKA-Gesetze. Die parlamentarischen Sachverständigen-Anhörung findet heute (15. September) im Innenausschuss statt.

Nach den Worten des stellvertretende Bundesvorsitzende der Humanistischen Union, dem Berliner Strafverteidiger Dr. Fredrik Roggan, der heute als Sachverständiger geladen ist, zeichne sich der Gesetzesentwurf einmal mehr durch einen "gesetzgeberischen Ungehorsam gegenüber dem Bundesverfassungsgericht" aus. Z. B. stünde der geplante Einsatz der Rasterfahndung in klarem Gegensatz zu den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

Die wichtigsten Kritikpunkte am Entwurf des BKA-Gesetzes im Überblick:
  1. Keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die vorbeugende Verbrechensbekämpfung
  2. Keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die allgemeine Gefahrenabwehr
  3. Lückenhafter Schutz der Intimsphäre
  4. Richtervorbehalt teilweise außer Kraft gesetzt
  5. Starke Zweifel an der Notwendigkeit und Effektivität von Rasterfahndungen und Online-Durchsuchungen
  6. Online-Durchsuchungen sind unnötig, da die Verfolgung terroristischer Vereinigungen i.d.R. vor der Gefahrenabwehr einsetzt
  7. Die vorgeschlagenen Regelungen zur Online-Durchsuchung verstoßen gegen den Gesetzesvorbehalt für Grundrechtseinschränkungen und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit
  8. Rasterfahndungen sind jenseits konkreter Gefahren unzulässig, was im Gesetzentwurf nicht zum Ausdruck kommt.

Mittwoch, 3. September 2008

Tja, der BKA-Präsi Ziercke mal wieder ...

Wer erkennt in dieser Aussage den Widerspruch?
Bei der Strafverfolgung gibt es laut Ziercke große Problemen. Die Täter gingen konspirativ vor, nutzten Verschlüsselungs- und Anonymisierungsprogramme. Deshalb benötigten die Fahnder die IP- Adressen. "Verkehrsdaten spielen bei der Aufklärung von schweren Straftaten eine bedeutende Rolle. Oftmals stellt die IP-Adresse den wirklich einzigen Ermittlungsansatz dar."
heise: BKA sieht Deutschland als Experimentierfeld für Internet-Kriminelle.
Vermutlich weiß Ziercke ganz genau, dass IP-Adressen bei der Aufklärung von Internet-Kriminalität einigermaßen nutzlos sind, denn: "die Täter gingen konspirativ vor, nutzten Verschlüsselungs- und Anonymisierungsprogramme".

Aber die Gelegenheit, für die umstrittene Vorratsdatenspeicherung Reklame zu machen, lässt er sich nicht entgehen.
Wobei Ziercke sogar die Arbeit des BKA und der deutschen Länderpolizeien schlecht macht, denn laut Statistik des Bundeskriminalamtes wurden 2007 ohne Vorratsdatenspeicherung 84,4% aller registrierten Internetdelikte einschließlich der Verbreitung von Kinderpornografie erfolgreich aufgeklärt – von den sonstigen Straftaten nur 55%.

Ganz interessant: Bundesregierung legt erste Zahlen zur Nutzung der TK-Vorratsdaten vor.

Und was der AK-Vorratsdatenspeicherung davon hält: Vorratsdatenspeicherung: Nützlichkeit ist nicht gleich Sicherheit.

Montag, 1. September 2008

Merk (Justizministerin, Bayern, CSU) merkbefreit

Es ist Wahlkampf in Bayern, der Bayrischen Staatspartei CSU droht der Verlust der ererbten Pfründe absoluten Mehrheit - da wundert mich kaum noch etwas.

Nun hat die bayerische Justizministerin Beate Merk im Lokalsender
München TV angekündigt, auf eine wesentlich härtere Bestrafung der Nutzung von Kinderpornographie hinzuarbeiten. (heise online: Bayerische Justizministerin Merk will neues Sexualstrafrecht.) So weit, so gut, so wahlkampftypisch.

Dabei hat sie nicht nur, wie üblich, das bisherige Höchststrafmaß ins Auge gefasst, sondern möchte auch, dass Personen, die lediglich einmal auf eine Seite mit entsprechenden Inhalten klicken, wesentlich härter bestraft werden sollen.

Diesen Vorschlag muss man sich ein Mal auf der Zunge zergehen lassen. (Aber Vorsicht: Kotzgefahr!)

Die gute Frau geht offensichtlich davon aus, dass ein "Anklicken" - wobei unklar ist, ob sie damit einen reinen "Hit" oder doch wohl eher einen Seitenaufruf (Page Impression) meint - eine ähnlich eindeutige Handlung ist wie etwa der Erwerb jener "Kinderpornographischen Schriften", von denen der Gesetzgeber schreibt.

Bei der "spektakulären" Operation Himmel stellte sich im Nachhinein hinaus, dass fast alle der 12.000 Verdächtigen überhaupt kein kinderpornographisches Material heruntergeladen hatten - dafür reichte die Zeit zwischen "draufklicken" und "wegklicken" gar nicht aus.
(Zur Erinnerung: bei "Himmel" ging es nicht etwa um einen geschlossen FTP-Server, sondern um ein Fenster mit teilweise kinderpornografischen Aufnahmen, das per Link im Umfeld eindeutiger und grenzwertiger, aber noch legaler Porno-Angebote aufgerufen wurde. Man kann vom Verhalten der Verdächtigen darauf schließen, dass allenfalls eine winzige Minderheit tatsächlich an Kinderpornos interessiert war.)
Nach der von der Frau Merk gewünschten Regelung wäre "Himmel" ein "Riesenerfolg" gewesen, denn die Verdächtigen hätten sich allesamt strafbar gemacht.

Man muss nicht einmal absichtlich auf so eine Seite "klicken". Es ist es gerade auf "Schmuddelseiten" nicht unüblich, dass der unvorsichtige Betrachter, der nicht sicherheitshalber die Skriptfunktionen seines Browsers deaktiviert oder wenigstens auf "Vor dem Ausführen fragen" gestellt hat, durch eingebettete Werbung automatisch auf Seiten weitergeleitet wird, auf die er freiwillig nie gehen würde. ("Firefox"-Benutzern rate ich dringend, NoScript zu installieren.)
Sicher werden "echte" Kinderficker-Seiten wohl nie auf diese Weise verlinkt sein - aber unser famoses redeformiertes Sexualstrafrecht kennt den Tatbestand "Jugendpornographie". Zwar wurde, anders als im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehenen, Jugendpornographie nicht in den Tatbestand über die kinderpornografischen Schriften integriert. Aber es wird kein Unterschied zwischen kinder- und jugendpornografischen Schriften gemacht, wenn einem anderen der Besitz verschafft wird bzw. werden soll (§ 184c Abs. 2 n.F. StGB). Hier genügt es bereits, wenn wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergegeben wird.
Das bedeutet: Ist die dargestellte Person erwachsen, wirkt jedoch jugendlich, so kommt es stets auf die Sichtweise eines "objektiven Betrachters" und nicht auf das tatsächliche Alter der Person an!

Vielleicht steckt hinter dem Vorschlag der guten Frau auch die volkspädagogische Absicht, dass Internetsurfer, aus Angst, nach einen falschen Klick oder einer nicht unterdrückten Weiterleitung mit einem Bein im Knast zu stehen, künftig einen weiten Bogen um alle Sexseiten machen werden.

In Deutschland ist so eine Absicht ohne Weiteres denkbar - und erst recht in Bayern!

Freitag, 22. August 2008

"Freiheit statt Angst"

Angst - das ist der wichtigste Grund, aus dem unsere persönliche Freiheiten eingeschränkt werden - so wie Angst der Hauptgrund für uns Bürger ist, die Einschränkung unserer Grundrechte hinzunehmen.
Der größte Feind unserer Freiheit ist die Angst - unsere eigene und die der Angstmacher.

Am 11. Oktober gibt es in 21 Ländern Aktionen gegen die Überwachungsgesellschaft, von Wien bis Buenos Aires, Skopje oder Washington. Liste der Internationalen Proteste.



Aufruf zur Demo in Berlin am Samstag, den 11. Oktober ab 14.00 Uhr - Übrigens gibt es bis zum 31. August noch Frühbucherrabatt für die Demo-Busse. (via netzpolitik.org)

Montag, 4. August 2008

Lebenslanges Personenkennzeichen? Nein, danke!

Am Freitag, dem 1. August 2008, begann das Bundeszentralamt für Steuern damit, den ersten Bürgerinnen und Bürgern ihre neuen Steueridentifikationsnummern mitzuteilen.
Diese Nummern sollen künftig ein Leben lang, bis zu 20 Jahre nach dem Tod, gültig bleiben.

Erfahrungen aus anderen Staaten zeigen, dass eine einmal eingeführte eindeutige Indentifizierungsnummer ziemlich bald auch nicht zweckgebunden verwendet wird, egal, ob das zulässig ist oder nicht (z. B. der Sozialversicherungsnummer in den USA, die ausdrücklich nicht für Identifizierungszwecke genutzt werden sollte - aber längst eine allgemeine Personenkennziffer geworden ist).

Nun möge man einwerfen, dass es schließlich z. B. in Schweden seit über 40 Jahren eine allgemeine Identitätsnummer gibt - und die Demokratie dort auch nicht Schaden genommen hat.
Zu diesem Einwand ist zu sagen, dass in Schweden dem "gläsernen Bürger" eine "gläserne Verwaltung" gegenübersitzt, während die deutsche öffentliche Verwaltung sehr wenig transparent ist.
Dann gibt es in Schweden nicht wenige Missbrauchsfälle seitens Behörden, die sachbedingt nicht "gläsern" sein können, z. B. Polizei, Steuerfahndung, Geheimdiensten. (Für Krimifreunde: Hennig Mankell, ein regelmäßig von Polizisten für den Realismus seiner Romane gelobter, gut recherchierender Autor, beschreibt oft den äußerst lässigen Umgang der schwedischen Polizei mit Datenschutzbestimmungen.)
Außerdem ist nicht sicher, inwieweit die offenkundigen Defekte und Demokratiedefizite der schwedischen Gesellschaft nicht darauf zurückzuführen sind, dass die Bürger ständig das Gefühl haben, unter dem Mikroskop der Behörden zu liegen. (Zum Beispiel das im Vergleich zu ihren skandinavischen Nachbarn auffällig abweisende, sich abkapselnde Verhalten vieler Schweden - wie eine schwedische Freundin meinte: "Wir Schweden haben eine unsichtbare Plastiktüte um uns herum.")

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union kritisiert die Steuer-ID als verdeckte Einführung eines Personenkennzeichens. Sie ruft deshalb alle Bürgerinnen und Bürger auf, gegen die Bekanntgabe der Steuer-ID zu klagen. Die Humanistische Union stellt eine Musterklage bereit, die Interessierte beim zuständigen Finanzgericht erheben können.

Die Steuer-ID im Briefkasten? So können Sie sich wehren!

Hier findet Ihr die Muster-Klageschrift und eine Adressübersicht der zuständigen Finanzgerichte.

Dienstag, 29. Juli 2008

Nicht aufgeben!

heise online: Bundestag verwirft Petition gegen Vorratsdatenspeicherung - Übrigens mit einer Begründung, die symptomatisch für den Wissensstand unserer Parlamentarier ist: Die Petitenten hatten ihr Anliegen unter anderem damit begründet, dass eine Speicherung von Verbindungsdaten für die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität wegen der Verfügbarkeit von Kryptographie- und Anonymisierungsdiensten unzweckmäßig sei. Das Justizministerium wies darauf hin, dass deutsche Anynomiersierungsdienste zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet werden können. Auf die Möglichkeit, ausländische Dienstleister in Anspruch zu nehmen, wird dabei nicht eingegangen. mit dem Kopf an die Wand

800px-Netzwerkstecker

Plakat von: Frans Valenta (artbyte-design.com) Das Plakat steht unter CC-by-nc-nd-Lizenz

Freitag, 25. Juli 2008

Fingerabdrücke im Ausweis? Finger weg!

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft zum Boykott der "freiwilligen Überwachungsfunktionen" des elektronischen Personalausweises auf.
Finger weg vom Fingerabdruck!

Schon das erklärte Ziel des Innenministerium, mittels elektronischem Perso "die nicht-anonyme [...] elektronische Kommunikation zum Normalfall" zu machen, wäre für mich Grund genug, auf die angeblichen Vorteile der "Authentisierungs- und Signaturfunktionen" zu verzichten. Damit nicht genug: der Personalausweise soll zudem elektronisch auslesbar werden, um die Daten – einschließlich des Fotos – abziehen, mit verschiedensten Datensammlungen abgleichen und in Datenbanken diverser Sicherheitsbehörden einspeichern zu können. Was dann mit den Daten passiert, ist nicht kontrollierbar.

Es ist keine Umtauschpflicht für noch gültige Personalausweise geplant. Erst bei Ausstellung eines neuen Personalausweises wird dieser ab 2010 nur noch in der neuen Form ausgegeben. Und wenn es soweit ist: Solange die Abgabe von Fingerabdrücken und die Freigabe der Authentisierungs- und Signaturfunktionen noch freiwillig ist - Finger weg!

Freitag, 4. Juli 2008

... auch Nichtbayern haben in Bayern ein Recht zu demonstrieren

Deswegen rufen die Humanistische Union Hessen und die Humanistische Union Bayern auch die Menschen außerhalb des Freistaats auf, beim Landtag in München Eingaben gegen die geplante Änderung des bayerischen Versammlungsgesetzes einzureichen: Eingaben gegen geplante Einschränkungen.
"Würde dieses Gesetz in Deutschland Schule machen, müssten wir unsere Arbeit als Bürgerrechtsorganisation praktisch einstellen", erklärte der hessische Landessprecher der Humanistischen Union, Franz-Josef Hanke.

Die Gefahr ist groß, dass Bayern bei bürgerrechtsfeindlichen Gesetzen den Vorreiter macht und andere Ländern folgen. Diese Gefahr besteht auch bei der Online-Untersuchung, bei der Bayern weit über die Pläne für das bundesweite BKA-Gesetz hinausgeht: Online-Durchsuchung in Bayern - O'zapft is!(taz). Die am Donnerstag von der CSU-Mehrheit vom Landtag durchgewunkenen Gesetze erlauben u. A. der bayerischen Polizei künftig, heimlich die Computer Verdächtiger durchsuchen. Dazu dürfen die Ermittler in Wohnungen einbrechen, um ihre Spionage-Programme auf den Rechnern zu installieren. Außerdem wird den Fahndern erlaubt, auf den Computern Daten zu verändern oder zu löschen, "wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist und eine Erhebung zur Abwehr der Gefahr nicht ausreichend wäre". Bei "Gefahr im Verzug" ist für das heimliche Ausspionieren nicht einmal eine richterliche Genehmigung nötig - sie kann nachträglich eingeholt werden. Weg frei für heimliche Online-Durchsuchungen in Bayern (heise). Das Gesetz tritt am 1. August in Kraft.

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