Überwachungsgesellschaft

Freitag, 6. Juli 2007

E-Mail an Schäuble - Papierpost an den Hessischen Rundfunk

Nach seinen sicherheitspolitischen Vorschlägen, die das Innere nach Außen und das Äußere nach Innen kehrten, erhielt diese Woche der Bundesinnenminister elektronische Post von Tobias Kaufmann:
E-Mail von Kaufmann, Ausgabe 6.7.07
Besorgte Politiker müssten böse, böse Computerspiele, die uns alle zu Terroristen machen, nicht mal mehr verbieten. Denn solange der Staat an meinem Rechner spielt, komme ich selber ja nicht dran.
Allerdings halte ich Kaufmanns Vorschlag, nach den britischen Erfahrungen zwecks Terrorristenbekämpfung gleich die ganze Kassenärztliche Vereinigung vorbeugend in Haft zu nehmen, für bedenklich. So, wie Schäuble manchmal tickt, nimmt er das glatt beim Wort ...
Leider keine Satire ist, dass auf EU-Ebene der Umweltausschuss für den Terrorismus zuständig ist. (Ganz klar, so eine Autobombe setzt ganz schön viel CO2 frei.)

Anderes Thema: Wie Karan per Rundbrief erfuhr, wird die erfolgreiche musikalische Nachwuchs-Show "newcomer-TV" gestrichen. Wer deshalb Protestbriefe an den Hessischen Rundfunk senden will, sollte herkömmliche Briefe, am besten einzeln formuliert und im Umschlag, versenden - weil E-Mails in den Redaktionen kaum gelesen werden.

Die Adresse:
Hessischer Rundfunk
Rundfunkrat
Bertramstr. 8
60320 Frankfurt am Main

Die Chancen sind meines Erachtens zwar gleich Null, aber schon aus Prinzip beteilige ich mich an dieser Aktion.

Mittwoch, 4. Juli 2007

Herr von Randow ist doch Krimi-Leser?

Auf "Zeit-online" erschien ein skeptischer Artikel von Falk Lüke der mit den Fazit schloss:
"Innenpolitiker und Sicherheitsexperten wollen die Freiheit zu Tode sichern."
Darauf schrieb Gero von Randow eine Entgegnung, deren Schlusssatz ebenfalls bemerkenswert ist:
Es kommt, alles in allem, auf die Details an. Falk Lüke freilich schreibt: „Innenpolitiker und Sicherheitsexperten wollen die Freiheit zu Tode sichern.“ Ein derart grobes Raster lässt die Details verschwinden, und zurück bleibt - der Generalverdacht.
Stimmt, allerdings würde ich in diesem Falle eher von "gesundem Misstrauen" sprechen - den "Generalverdacht" hegen ganz andere (siehe die Vorkommnisse um den G8-Gipfel).

Mir fiel auf, dass von Randow nach meinem Gefühl etwas weltfremd argumentiert:
Außerdem soll ja nicht nur der Selbstmordattentäter rechtzeitig erkannt werden. Als Element der Polizeitaktik kann auch die Videoüberwachung den Fahndungsdruck auf Verdächtige erhöhen, dem sich potenzielle Täter nur durch zusätzlichen Aufwand entziehen können - was sie wiederum zu Fehlern verleiten kann.
Dass Videoüberwachung gegen Selbstmordattentäter einigermaßen sinnlos sind, erkennt er auch. Ob zu allem entschlossene Täter durch den durch Kameras ausgeübten "Fahndungsdruck" nervös werden und Patzer machen, ist eher zu bezweifeln. (Bei Ladendieben und Handtaschenräubern mag das so sein, nicht aber bei Tätern, die die Überwachung vorher eingeplant hatten. Und es mag die Frage erlaubt sein, ob jene Sorte Fahndungsdruck, die Terroristen nervös macht, nicht äußerst ungesund wäre.) Kommen wir zum Computer:
Technisch ist es möglich, die Verbindungsdaten eines Nutzers auszuspionieren, ohne dass er es merkt, und anschließend die Verbindungsdaten sowie die Inhalte seiner Netzkommunikation zu überwachen. Gewitzte User können sich dem entziehen, wenn sie am ewigen Wettkampf der Offensiv- und Defensivkräfte teilnehmen. Das aber bringt Aufwand mit sich und verleitet zu Fehlern; die Fahndungslogik ist die gleiche wie im Fall der Videokameras.
Zuerst einmal ist der "Wettlauf" bei den in Rede stehenden Fragen längst entschieden: jedenfalls solange es keine Wundercomputer (etwa einen Quantencomputer) gibt, der eine mit PGP oder einem anderen RSA-Kryptosystem
verschlüsseltes Dokument mit ausreichender Schlüssellänge "knacken" könnte - und das auch noch in sinnvoll kurzer Zeit. Außerdem kann mittels Steganographie jede sensible Botschaft so "verschleiert" werden, dass sie selbst mit enormem Aufwand nicht zu finden ist.
Im Prinzip geeignet ist das Mittel also, und durch ein anderes nicht zu ersetzen, denn Kommunikation via Internet ist der Lebensnerv des organisierten Terrorismus.
Das ist eine unbewiesene Behauptung, die außerdem für den "unorganisierten" Terrorismus ohnehin nicht gilt. Wenn ich für nächste Woche etwa einen Autobombenanschlag planen würde, bräuchte ich dazu weder eine Bauanleitung noch einen Befehl.
Im Falle des Anschlags auf die Vorortzüge in Madrid lief ein Teil der Kommunikation tatsächlich über das Internet. Aber die "Mails" wurden mittels eines elektronischen "toten Briefkastens" übermittelt: Der Absender richtete einen Freemailer-Account ein, z. B. bei Yahoo (um einen besonders überwachungsfreudigen Dienst zu nennen). Er teilte den Empfängern sein Zugangs-Passwort mit. Nun schrieb er seine Mail, speicherte ihn aber nur als Entwurf. Die Empfänger griffen, wohlweislich von Internet-Cafes aus, auf den Account des Senders zu und lasen den "Entwurf". Die Überwachung des E-Mail-Verkehrs wäre ergebnislos geblieben, weil nie eine E-Mail herausgegangen ist. Natürlich wäre es, mit entsprechendem Aufwand, möglich gewesen, die (codierten) Botschaften auf dem Yahoo-Server zu finden. Was allerdings einer Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen gleicht - bei Entdeckung wäre das Attentat wahrscheinlich längst passiert.
(Ich kann mir ohne Mühe weitere Methoden vorstellen, die noch schwerer zu überwachen sind, aber ich will ja niemanden auf böse Gedanken bringen.)

An anderer Stelle zeigt von Randow mehr Phantasie:
Ein paar Probleme indes sind vertrackt. Wie soll die Forderung des Bundesverfassungsgerichts erfüllt werden, dass der „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ vor Überwachung geschützt wird? Darüber ist zu diskutieren. Vielleicht ist gar nicht ausgemacht, ob die Kommunikation übers Netz, selbst wenn sie verschlüsselt wurde, zu diesem Kernbereich gehört. Da muss man auch ein bisschen auf die soziale Wirklichkeit gucken: Wer, der ins Netz geht, weiß denn nicht, dass darin letztlich alles öffentlich ist?
Selbstverständlich ist das Internet und alles, was darin veröffentlicht ist, öffentlich zugänglich. Aber der Computer des Besucher ist nicht öffentlich. Es geht ja nicht um die Überwachung "des Internets" - auch wenn einige Politiker etwas merkwürdige Vorstellungen von dessen Struktur haben. Es geht darum, dass alle Festplatten durchsucht werden dürfen sollen, die über das Internet erreichbar sind. Mein Computer gehört genau so zu meiner Wohnung wie mein Schreibtisch, und wenn es im Zuge einer polizeilichen Ermittlung gegen mich erforderlich sein sollte, den Inhalt meiner Festplatten auszuwerten, dann ginge das nur auf dem Wege einer ordnungsgemäßen Hausdurchsuchung.

Wunschdenken und Politikerangst

Nicht ganz überraschend: Bundesparanoikerinnenminister Wolfgang Schäuble
will nicht nur das Grundgesetz "ergänzen", nur er hat er auch die Wirksamkeit des Völkerrechts im Kampf gegen den Terrorismus in Frage gestellt und eine internationale Debatte darüber gefordert, wie z. B. Reuters gestern meldete. Überraschend aber doch, wie offen er einen der wesentlichen Gründe für den sicherheitspolitischen Aktionismus (beinahe) beim Namen nennt:
"Wenn dieser freiheitliche Verfassungsstaat nicht in der Lage ist, auch unter neuen Bedrohungen Sicherheit zu gewährleisten, ...läuft er in Zeiten der Krise Gefahr, die Legitimation in der Bevölkerung zu verlieren", sagte der Minister. Dies hätten die Deutschen im vergangenen Jahrhundert lernen müssen.
Legitimation, dass erkennt Schäuble völlig richtig, schöpft ein Staatsapparat (der von Schäuble offensichtlich mit dem von den Bürgern gebildeten Staatswesen verwechselt wird) vor allem daraus, dass er seinen Bürger in Notfällen Schutz bietet. In Krisensituationen, dass ist bekannt, wächst die Verbundenheit der Bürger mit dem Staatsapparat. Nun kann kein Staatsapparat der Welt - selbst ein totalitärer Überwachungsstaat - Sicherheit vor Attentätern bieten, die sich selbst in die Luft sprengen. Gerade ein Staatsapparat, der zuvor drastistische Eingriffe in die persönliche Freiheit seiner Bürger mit dem Schutz vor terroristischen Attacken gerechtfertigt hatte, würde bei einem größeren Terroranschlag in Erklärungsnöte kommen. Also baut Schäuble vor - einmal, indem er von Vornherein dafür sorgt, dass nach einen Anschlag der Schwarze Peter bei jenen liegt, die sich gegen die "notwendigen Sicherheitsmaßnahmen" gesperrt hätten, was einen gewissen Druck erzeugt, immer schärfere Sicherheitsmaßnahmen zu fordern. Zum anderen, indem er die Instrumente schafft, die die in diesem Falle befürchteten Unruhen gleich im Keim zu ersticken. Sehr viele der bereits beschlossenen oder vorgeschlagenen Maßnahmen währen gegen Terroristen nutzlos, im Falle bürgerkriegsähnliche Unruhen jedoch äußerst gut zu gebrauchen. Dass es in der Tat solche Unruhen sind, die Schäuble und andere Politiker fürchten, erkennt man schon daran, dass ein Einsatz der Bundeswehr im Inneren in der Tat nur in Bürgerkriegssituationen sinnvoll ist.

Mit der Frage, das dies die Deutschen im vergangenen Jahrhundert hätten lernen müssen, spielt Schäuble auf die Möglichkeit an, dass die Nazis gegen eine hart durchgreifende Polizei und Justiz und gegen eine im Inneren eingesetzten Reichswehr keine Chance gehabt hätten, die Straße für sich zu "erobern". Nur sind die Nazis nicht durch den Druck der Straße an die Macht gekommen, sondern durch die (bestenfalls!) Naivität jener, die sich von Hitler mehr Stabilität und Sicherheit versprachen.
Wobei sich vergangenen Jahrhundert herausgestellt hat, dass totalitäre Übrwachungsstaaten keineswegs besonders stabil und sicher vor Umstürzen sind.

Der Bundesregierung fehlt nach eigenem Bekunden jede Vorstellung davon, wie heimliche Onlinedurchsuchungen von Computern durch das Bundeskriminalamt (BKA) technisch am besten durchgeführt werden könnten. (Das ergab eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsabgeordneten Gisela Piltz.) Ich vermute, dass die nicht computer-kompetenten Politiker (allen voran Bundesinnenminister Schäuble, der nach eigenen Angaben die Computertechnik nicht einmal ansatzweise versteht) nicht nur mit Kontrollattacken aus Unsicherheit vor dem Unbekannten reagieren. Es ist auch offensichtlich, dass jene, die ständig Online-Überwachungen fordern und sich davon versprechen, terroristischen Anschläge im Vorfeld verhindern zu können, von Computerfachleuten Wunderdinge erwarten, etwa im Stil: “Wieso könnt Ihr das nicht, bei Mission Impossible geht das doch auch?”

Real dürfte Online-Durchsuchungen - vorsichtig gesagt - äußerst schwierig zu realisieren zu seinen, vor allem, wenn der Beschnüffelte nicht merken soll, dass da auf seinen Rechner etwas läuft, was er definitiv nicht dort installiert hat. (Ein Spionageprogramm, das seine Ergebnisse nicht "nach Hause" durchgeben kann, ist Unfug. Und diese Kommunikation fällt auf. Zumindest Menschen, die etwas mehr Ahnung von Computern haben, als unser Herr Minister.) Hierzu, in der Zeit: Hacken für den Staat

Freitag, 8. Juni 2007

Zum Mitschreiben

für alle, die es noch nicht wissen - und vor allem für alle die es einfach nicht kapieren wollen:
In der freiheitlichen Demokratie des Grundgesetzes haben Grundrechte einen hohen Rang. Der hoheitliche Eingriff in ein Grundrecht bedarf der Rechtfertigung, nicht aber benötigt die Ausübung des Grundrechts eine Rechtfertigung.
(Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgericht zum Demonstrationsverbot rund um den G8-Gipfel.)
Via: Sven, Karan und Udo.

Montag, 14. Mai 2007

Terrorangstalarm!!!

Schon seit 2002 gibt es in den USA den offiziellen Terror Alert Level. Jetzt gibt es eine entsprechende Angst-Skala endlich auch bei uns:
Schäuble Alert Level
Geklaut bei nanuk´s pirate blog

Einen guten neuen Artikel zum Thema Terrorismusangst, Kriminalisierung, Grundrechtsabbau, Überwachung, Schutzhaft Vorbeugehaft, Ausgrenzung, fehlende Chancengleichheit und vielem Anderen, was gerade ganz übel schief läuft, bei sven - sagichdoch: Anfangsverdacht.

Sonntag, 13. Mai 2007

Bewährtes Rezept zur Erschaffung einer Diktatur

Gefunden bei Jan Schejbal - er schrieb genau das, was auch mir im Kopf umgeht: Die Rechtsstaatsprüfung (Wenn ich nicht von Natur aus so liberal wäre, würde ich jetzt schreiben: "Lesebefehl!")

Dazu zunächst folgende bewährte 4-Schritt-Einleitung zur Erschaffung von Diktaturen:
  1. Schüren Sie Angst vor Terrorismus!
  2. Setzen Sie mit dieser Angst harte Maßnahmen gegen den Terror durch!
  3. Deklarieren Sie sämtliche politische Gegner als Terroristen!
  4. Wenden Sie die Anti-Terror-Maßnahmen aus 2. auf die "Terroristen” an.
Hat schon unzählige Male funktioniert.

Samstag, 12. Mai 2007

Verfassungsfeinde an der Macht!

Es sieht leider so aus, als ob schon seit Jahren aktive Verfassungsfeinde die Bundes- und Landesregierungen unterwandert hätten. Hierzu in Udos Lawblog:Organisierte Kriminaliltät gegen die Verfassung

Martin Dolzer vom "Republikanischen Anwalts- und Anwältinnenverein" ist in einem "telepolis"-Interview der gleichen Ansicht: "Nicht die Schutzrechte der Menschen, sondern die staatlichen Abwehrrechte gegen die Bürger stehen im Vordergrund".

Das zeigt einige Dinge, die in der öffentlichen Debatte um den Abbau der Bürgerrechte gern übersehen werden:
  • Dr. Wolfgang "Seltsam" Schäuble ist nur ein besonders exponierter Vertreter einer paranoiden, die Bürger unter Generalverdacht stellenden, zutiefst autoritären "Sicherheitspolitik", aber solche Ansichten sind unter politischen Entscheidern und deren Beratern weit verbreitet - bis in die Oppostionsparteien hinein.
  • Ähnlich wie einst in der DDR haben die (vermeindlich) Mächtigen Angst vor dem eigenen Volk. Der politisch aktive Bürger wird zum Feindbild erklärt.
  • Die Angst vor Terroristen, Amokläufern, Randalierern usw. ist nur der "öffentlich vertretbare" Teil der Angst- und Schuldprojektionmechanismen - aber keineswegs "nur" Vorwand zum Türöffnen in Richtung Polizeistaat. Die Angst vor dem Wandel, die Angst vor dem Unverstandenen, die sich vor allem in der Angst vor "dem Internet" äußert, ist echt. Genau so echt wie die Angst vor "dem Fremden", die aus dem Konzept des "Kampf der Zivilisationen" spricht.
  • Die Entwicklung in Deutschland ist international gesehen kein Sonderfall. Interessanterweise scheinen sogar einst besonders liberale Demokratien wie Großbritannien, Dänemark, die Niederlande besonders anfällig für überwachungsstaatliche Tendenzen zu sein. Das zeigt sich auch in der Innenpolitik der USA.
  • Bisher gab es in Deutschland, bei allem Opportunismusund allen weit verbreiteten autoritären Einstellungen einen starken Abwehrreflex gegen diktatorische "Maßnahmen". Dieser Reflex ist erlahmt. Vermutlich ist Nazizeit zu lange her - und die DDR wird zu sehr verklärt und verniedlicht.
  • Hinzu kommt: die nackte Angst um die bürgerliche Existenz und die Angst vor scheinbar allgegenwärtigen Risiken, lähmt. Wer um das Existenzminimum kämpft oder auch "nur" in permanenter Sorge um den Arbeitsplatz lebt, dem fehlt die Energie zum Protest.
  • Viele, die an und für sich "Freunde der Freiheit" sein müßten, nämlich Liberale, neigen dazu, die "Marktwirtschaft" absolut zu setzen und über die individuellen Freiheitsrechte, die auf die Vertragsfreiheit reduziert wird.
  • Andere "Marktwirtschaftler" tuen nur so, als würden sie die Marktwirtschaft fördern. Faktisch streben sie eine oligopolistische Wirtschaftstruktur, abgesichtert durch autoritäre staatliche Strukturen, an.
  • Ebenso typisch wie für den Widerstand gegen den Polizeistaat verheerend sind die "Feindbildvereinheitlichungen": Auf der eher "sozialistischen" Seite werden in ihren politischen und ökonomischen Auffassungen sehr unterschiedliche Menschen und Interessengruppen pauschal in als "Neoliberale" (aus ihrem Mund ein Schimpfwort) eingeordent, für Anhänger des repressiven Staates sind alle Protestierer "Chaoten", "Radikalinskis", "Staatsfeinde" - wobei auch schon mal Nazis und autonome Linke in einen Sack geworfen werfen.
Trotz aller Panik vor der NPD: Schulterschlüsse und Übergänge zwischen "Linken" und "Nationalen" (deutschvölkischen) Positionen kommen vor; gemeinsame Feindbilder ("raffendes Kapitalital", US-Imperialismus) nebst (verdecktem) Antisemitismus und gemeinsame antiliberale Volksgemeinschafts-Ideen erweisen sich als tragfähige "Scharniere".
Auf der anderen Seite gibt es, in vermeindlich "demokratischen" konservativen Parteien, nicht wenig Politiker, die sich ohne Hemmungen Nazi-Gedankengut zueingen machen. Ein Beispiel vom NPD-Blog: Bayern: Rechts, Rechter - Regensburger CSU.

Angst macht Unfrei. Übrigens sind manche der geschürten Ängste beim näheren Hinsehen Resultat eines Bluffes. Der "Bundestrojaner" ist z. B. eine Mischung aus dem Wunschdenken ängstlich-überwachungsgeiler Politiker, Bluff- bzw. Panikmache und naiven Vorstellungen über die Fähigkeiten von Geheimdienstlern und Hackern. Die "Online-Durchsuchung" funktioniert nur, und zwar nur, als Einschüchterung. Es ist einfach zu einfach, geheime Daten vor noch so geschickten Hackern zu verbergen: Kryptographie, Steganographie oder ganz einfach nur externe Festplatten - was nicht "online" ist, kann auch nicht "online" durchsucht werden. Außerdem ist mehr als zweifelhaft, ob ein "Bundestrojaner" überhaupt funktionieren würde. Wenn eine Online-Überwachung überhaupt möglich ist, dann mittels individuellem Hackerangriff. (Wobei gerade der Chaos Computer Club nach meiner Ansicht dazu neigt, auf der "Gegenseite" jede Menge Elite-Hacker mit offensichtlich unendlich vielen Resourcen zu vermuten. Es gibt für meine Geschmack zu viele Verschwörungstheoretiker beim CCC.) Extremer Aufwand - z. B. Hackerangriff, technische Manipulation des heimischen PCs, Kryptanalyse mittels Supercomputern - kann, wie bei den "klassischen" Geheimdienstmethoden nur bei wenigen "Zielpersonen" getrieben werden. Deshalb auch die "Stasi"-ähnlichen Bemühungen, jeden auch nur potenziellen "abweichende" Verhalten zu kriminalisieren und zu unterbinden. Der breiten Masse wird suggeriert, sie habe A) wenn anstängig, nichts zu verbergen und B) alle Maßnahmen, doch etwas zu verbergen, seien sowieso vergeblich.)
Ich verweise der Einfachheit mal auf Burks.de: ONLINE-DURCHSUCHUNGEN, DIE 1001STE:
Der Koran, geile Titten und der Quelle-Katalog
.

Und auf den Deutschlandfunk, der der hat das getan, was deutsche Journalisten offensichtlich ungern machen: recherchiert. Brecheisen für den Bundestrojaner.

Freitag, 27. April 2007

Auch wer "nichts zu verbergen hat" lebt gefährlich

Statler stellt da etwas richtig und eine provozierende Frage: Ist einer Mehrheit der Deutschen die "Sicherheit" nicht viel mehr wert als die Freiheit? Stasi 2.0?.
Nein, Schäuble ist nicht der Mielke 2.0, der gegen den Willen der Bevölkerung einen Überwachungsstaat etabliert. Er befriedigt eine politische Nachfrage.
Für die etablierte, "reife" DDR, mit ihrem ins absurde gesteigerten Spitzel- und Überwachungswesen trifft das wohl zu: bei den DDR-Bürgern war der "VEB Horch, Guck & Greif" mehrheitlich nicht beliebt (aber im für mich erstaunlichen Maße akzeptiert). Aber das MfS ist nicht vom Himmel gefallen oder fix und fertig aus der damals noch von Väterchen Stalin regierten UdSSR importiert worden. Es war ein Produkt der Angst - und der Angstmache. Es spricht einiges dafür, dass das MfS lange Zeit von vielen DDR-Bürgern als notwendiges Übel gesehen wurde - lieber Überwachung als Chaos. Noch heute treffe ich "Ostalgiker", die mir ahnungslosem "Wessi" lang und breit erzählen, wie friedlich und sicher es doch in der DDR-Provinz vor der "Wende" gewesen war. "Weil die immer damit rechnen mußte, dass man ihnen auf die Finger sah, kamen die doch gar nicht erst auf dumme Gedanken". Die Stasi - Garant einer Spießer-Idylle. "Die" waren natürlich immer "die Anderen", man selbst hatte ja nichts groß zu verbergen, also auch nichts zu befürchten.
Aus heutiger Sicht war das Mißtrauen die Grundlage des States DDR - wobei nicht etwa nur die linke Hand nicht der rechten Hand mißtraute, sondern sogar der Zeigefinger nicht dem Daumen. Wie konnte da das beinahe kindliche Vertrauen mancher (längst nicht aller) DDR-Bürger entstehen, ihm würde schon nichts passieren? Wie konnte die viel gelobte "menschlich warme" Atmosphäre in einer Gesellschaft entstehen, in der der beste Freund ein MfS-Zuträger sein konnte? Ich vermute: die Illusion, dass man nichts zu verbergen hätte, was den VEB Horch, Guck & Greif interessieren könnte. Was sie, insofern sie loyale Bürger waren, gern vergaßen: Nicht "der Staat" überwachte sie, sondern Agenten, die ganz normale, fehlbare, eigenützige, erpressbare, korrupte und manchmal sogar kriminelle Menschen waren. Die außerdem einem Apparat zuarbeiteten, der nicht etwa allein "dem Staat" diente, sondern tief in Machtkämpfe verwickelt war und gegen andere Representanten "des Staates" einschließlich seine Auftraggeber intrigierte, konspirierte, erpresste und desinformierte. Im Prinzip ist das in anderen Systemen nicht anders (nur bisher nicht so ausgeprägt).

Heute, fast 17 Jahre nach dem Ende der DDR, scheint die Illusion "ich habe nichts zu verbergen" und "der Staat darf das ruhig wissen" weiter verbreitet zu sein, als je zuvor.

Jan Schejbal hat ein klein wenig recherchiert: Wer nichts zu verbergen hat ... Anhand der Im Wiki der Initiative gegen Vorratsdatenspeicherung aufgelisteten Fälle von Datenmissbrauch und durch Datensammlungen verursachten Irrtümern legt er dar, dass Überwachung nicht mehr "Sicherheit" schafft, sondern direkte negative Auswirkungen hat - auch auf völlig Unschuldige, die “nichts zu verbergen” haben!

Freitag, 20. April 2007

Fundsachen zum Thema Nr. 1

Dafür, dass es Thema Nr. 1 bleibt, sorgen schon unsere Volks-Verkäufer Verräter Vertreter, wie nicht anders zu erwarten: Union will den "Schäuble-Katalog" in allen Punkten durchsetzen

Jens hat die Mechanismen, die beim Abkippen in den Überwachungsstaat wirksam sind, hier gut auf den Punkt gebracht: Sie werden kriminell und wir sagen Ihnen, wann - und nebenbei gezeigt, warum diese auch in anderen Bereichen zu findenden Mechanismen bei Innenministern besonders deutlich werden.

Doppelplusgut
ist auch das, was sein Bruder Sven hier schreibt: Tag ist Nacht und hell ist dunkel

Netter Fanartikel des Bundesinnenministeriums
- Das Grundgesetz in der Schäuble-Editon:
Grundgesetz, Vorschau
(Gefunden bei Pantoffelpunk: Sehr witzig, Herr Schäuble!)

Mittwoch, 18. April 2007

Ach ja ...

Bundesinnenminister Schäuble will Grundsatz der Unschuldsvermutung aushebeln.
"Wäre es richtig zu sagen: Lieber lasse ich zehn Anschläge passieren, als dass ich jemanden, der vielleicht keinen Anschlag begehen will, daran zu hindern versuche. Nach meiner Auffassung wäre das falsch."
Nach meiner Auffassung wäre es naiv, anzunehmen, auch nur ein potenzieller Attentäter ließe sich durch Überwachungsmaßnahmen an seiner Tat hindern.
Aus zwei Gründen, die sogar jedem halbwegs aufmerksamen Krimi-Konsumenten klar sein dürften: Wer eine schwere Straftat plant, der traut nichts und niemandem. Der geht einfach davon aus, dass er ständig überwacht wird. Und weicht auf Kommunikationsmethoden aus, die mit Abhören, Online-Durchsuchungen, Verbindungsdatenauswertung usw. nicht zu erfassen sind. (Ebenfalls in jedem besseren Krimi beschrieben, wie das geht.)
Zweiter Grund: wer bereit ist, sogar sein Leben zu opfern, den läst die Möglichkeit, festgenommen zu werden, kalt. Die Bombenattentäter der Londoner U-Bahn hatten ihre Monatskarten, Führerscheine, manche sogar ihre Pässe bei sich.

Ich befürchte, es ist genau dass, was Schäuble (und nicht nur ihn) umtreibt: Jeder könnte ein potenzieller Attentäter sein. Also steht jeder unter dringendem Tatverdacht - und kann selbstverständlich überwacht werden. Auf dieser Grundlage des permanenten Mißtrauens gegen alle und alles arbeitete z. B. das Ministerium für Staatsicherheit der DDR.

Stasi 2.0.
Stasi 2.0
Quelle: dataloo

Nachtrag:
Ach, übrigens, auch wie auf Knopfdruck, bei SpOn: NACH AMOKLAUF VON BLACKSBURG - Kriminologe fordert Spielverbote. Auch hier.

Und auch das gehört zum Gesamtbild, entdeckt bei Che: Deutsche Deportationsgepflogenheiten

Karan weist darauf hin, dass Schäuble als Protagonist des Überwachungswahns ist ein riesiges, aber nicht das einzige Problem ist: Überwachungswahn. Sie weist auch darauf hin, was man dagegen tun kann.

Ergänzung: und Thomas Klotz vom RA-Blog hat natürlich recht: Freihei statt Angst.
Schäuble ist nicht der Erfinder des Überwachungsstaates und auch nicht die Wurzel allen Übels. Es gibt eine Mehrheit im Parlament, die Schäuble machen lässt, wie er möchte. Es gibt eine Mehrheit im Parlament, die verfassungswidrige Gesetze durchwinkt.

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