Mittwoch, 16. Juni 2010

Achsfolge 2'C1' (musikalisch)

"Ich habe immer eine leidenschaftliche Liebe für Lokomotiven gehabt. Für mich sind sie lebendige Wesen, die ich liebe, wie ein anderer Frauen oder Pferde liebt."
Arthur Honegger (1892 - 1955)

In den 1920er Jahren gab es Begriffe wie "Entschleunigung" noch nicht, und das allgemeine Wehklagen über Stress lag noch fast ein halbes Jahrhundert in der Zukunft. Geschwindigkeit, "Tempo", war modern. (Tempo war ein Modewort dieser Zeit, alle möglichen Produkte hießen "Tempo-irgendwas", die Tempo-Taschentücher haben sich bis heute gehalten.) Noch nicht einmal die Weltwirtschaftskrise ab 1929 bremste die allgemeine Begeisterung für alles, was schnell ist, ab. Es war die Zeit der Stromlinien-Loks und der ersten Stromlinien-Autos, der Turbinen-Schnelldampfer, der ersten Versuche mit Raketenautos und Raketenflugzeugen, der ersten Transatlantik-Flüge, der dynamisch wirkenden expressionistischen Kunst, der Zeitungen, die drei oder vier Ausgaben am Tag hatten.
Vor allem war es die große Zeit der Expresszüge und der schnellen Dampfloks. In der Musik dieser Zeit, im Schlager, im Jazz, im Blues wurden die Eisenbahn thematisiert, und wenn man darauf achtet, ist es erstaunlich, in wie vielen, auch thematisch "bahnfernen", Stücken sich das rhythmische Auspuffgeräusch der Dampfloks wiederfinden lässt.

Eine berühmte Komposition ist der "symphonische Satz" Pacific 231 des französisch-schweizerischen Komponisten Arthur Honegger, inspiriert von der Fahrt einer schweren Schnellzug-Dampflok.

Hier eine Aufnahme des Utah Symphony Orchestra, mit einem faszinierenden, aus historischen Dampflok-Filmsequenzen montierten, Video:


Arthur Honegger war Eisenbahnfan. Angeblich sah sich sich jedes Mal, wenn er mit der Bahn fuhr, vorher die die Lokomotive genau an. Aus dieser Leidenschaft entstand sein einsätziges Orchesterwerk "Pacific 231", das er 1923 schrieb und das am 8.Mai 1924 in der Pariser Oper uraufgeführt wurde.

Arthur Honegger gehörte der "Group des six" an, einem Zusammenschluss von Musikern, die zwar nicht zusammen musizierten, jedoch aber den selben Standpunkt zum Thema Komposition vertraten. Die Gruppe bildete sich 1918 um den Schriftsteller und Universalkünstler Jean Cocteau, ihr musikalischer Mentor war Eric Satie. Die sechs Musiker wandten sich zeitgenössischen Formen der Unterhaltungsmusik wie etwa Jazz- oder Varieté-Musik zu und von der Anfang des 20. Jahrhunderts in der symphonischen Musik vorherrschenden romantischen und impressionistischen Form ab. (Über die in Deutschland bis heute vorherrschende Trennung von "E"- und "U"-Musik hätten sie wahrscheinlich nur den Kopf geschüttelt.)

"Pacific" ist eine auch in Europa gebräuchliche Bezeichnung aus dem amerikanischen Eisenbahnerjargon für Dampflokomotiven mit einem vorauslaufenden Drehgestell mit zwei Laufachsen mit kleinen Rädern, drei angetriebenen Kuppelachsen mit Rädern um die 2 m Durchmesser und einer Laufachse mit kleinen Rädern. Das sieht etwa so aus: ooOOOo .

Bayrische Schnellzuglok S 3/6
Bayrische Schnellzuglok der Gattung S 3/6, eine "Pacific". "S" steht für "Schnellzuglok". Nach dem bayrischen System steht die Zahl vor dem Schrägstrich für die Anzahl der angetriebenen Achsen, die dahinter für die der Achsen insgesamt. "3/6" also "3 angetriebene Achsen, 6 Achsen insgesamt".

Nach dem in Deutschland gebräuchlichem UIC-Achsformel-System wird diese Achsfolge als 2'C1' bezeichnet: 2' steht für zwei Laufachsen in einem Drehgestell, C für drei angetriebene Achsen, und 1' für eine drehbar gelagerte Laufachse.

Nach der in Großbritannien und den USA üblichen Whyte-Notation wird die Pacific-Achsfolge als 4-6-2 notiert: vier Laufräder, sechs angetriebene Räder, zwei Laufräder.

Das französische Achsformel-System ist ähnlich wie das britisch-amerikanische, zählt jedoch die Achsen anstatt der Räder und verwendet keine Trennstriche - eine "Pacific" ist also eine 231.
Da Honegger die meiste Zeit in Frankreich lebte und arbeitete, ist "seine" schwere Schnellzuglok also eine "Pacific 231".

Lokomotiven der Bauart "Pacific" gehörten vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis zum Ende der Dampflokzeit zu den schnellsten Dampflokomotiven überhaupt - und wegen ihrer langgestreckten Kessel und der großen Antriebsräder auch zu den elegantesten.

Das führende Drehgestell sorgt für einen sicheren und ruhigen Lauf bei hohen Geschwindigkeiten und ist notwendig, um das Gewicht des besonders groß dimensionierten Kessels mit zu tragen. Drei Treibachsen sind das Minimum, um eine hohe Zugkraft zu erreichen, aber auch fast das Maximum, um die großen Treibraddurchmesser und damit die hohe Geschwindigkeit erzielen zu können. (Güterzug-Dampflokomotiven haben bis zu 8 angetriebene Achsen, aber kleinere Räder.) Die Nachlaufachse trägt ebenfalls einen Teil der Gesamtmasse und erleichtert den Einbau einer großen Feuerbüchse.

Darüber, woher der Name "Pacific" kommt, gibt es mehrere Hypothesen: entweder ist er eine Steigerung, da die vor der Einführung der "Pacifics" größten und schnellsten Lokomotiven "Atlantic" - Achsfolge 2'B1' oder 4-4-2 oder 221 - hießen. Die "Atlantics" wurden nach den 1894 an die US-amerikanische "Atlantic Coast Line Railroad" gelieferten Loks benannt. Eine andere Möglichkeit ist, dass die "Pacifics" nach den nordamerikanischen Transkontinentalstrecken (z. B. "Union Pacific", "Northern Pacific" oder"Canadian Pacific") benannt wurden.

"Pacific 231" beschreibt mit musikalischen Mitteln die Fahrt mit einem schnellen Dampfzug, angefangen vom Anfahren über das Erreichen der Höchstgeschwindigkeit bis hin zum Stillstand.
Dabei wollte Honegger nicht etwa die Geräusche der Lokomotive nachahmen, sondern einen visuellen Eindruck und ein physisches Wohlbefinden, eine ästhetische Darstellung von Kraft und Bewegung, einen 300 Tonnen schweren Zug bei 120 km/h, in einer musikalischen Form zum Ausdruck bringen.

Trotzdem erinnert sein Stück an den Klang einer fahrenden Schnellzuglok. Wer genau hinhört kann sogar heraushören, dass Honeggers "Pacific 231" ein Vierzylinder-Verbundtriebwerk hat ...

Nachtrag:
Sehr sehenswert: Der Kurzfilm "Pacific 231" von 1949 - Regie Jean Mitry.


Mitry unterlegte sein "filmisches Essay" der Fahrt der Pacific 231 E.24 der S.N.C.F. mit Honeggers Orchesterwerk Bemerkenswert ist dieser Kurzfilm wegen seines damals Aufsehen erregenden Schnitts nach der Musik (für den es die "Goldene Palme" in Cannes und eine Oscar-Nominierung gab) und seiner faszinierenden, in voller Fahrt aufgenommenen, Nahaufnahmen der Mechanik der Lok. Arthur Honegger persönlich dirigierte das im Film zu hörende Symphonieorchester.

Dienstag, 15. Juni 2010

Ein Apell

Übernommen von Che's Warlog

Liebe Freunde und Unterstützer der Kampagne "alle bleiben"!,

wir haben einen Apellbrief entwickelt, in dem wir auf die Situation der Roma in Deutschland und Kosovo hinweisen und zum Stopp der geplanten Abschiebungen aufrufen. Den Brief findet Ihr im Anhang. Bitte verbreitet diesen und versucht neue Unterstützer für unser Anliegen zu finden, damit unsere Forderung an Gewicht gewinnt.

https://www.alle-bleiben.info/news/info-news7.htm

Hier noch ein Bericht über eine Erfolgreiche Aktivität zur Verbreitung unserer Kampagne, der euch vielleicht auch motivieren kann:

https://www.alle-bleiben.info/news/info-news5.htm

Vielen Dank!

alle bleiben

www.alle-bleiben.info

Projekt Roma Center Göttingen e.V

Montag, 14. Juni 2010

Gesunde Skepsis

Das altgriechische Wort σκέψις (sképsis) bedeutet "Prüfung, kritische Untersuchung". Die davon abgeleitete philosophische Haltung ist der Skeptizismus.
Das Gegenteil von "Skeptizismus" ist "Dogmatismus": Glauben, ohne zu zweifeln.

Skeptizismus ist ein Konzept, das es auch in nichteuropäischen Kulturen gibt:
Glaube nichts, weil ein Weiser es gesagt hat.
Glaube nichts, weil alle es glauben.
Glaube nichts, weil es geschrieben steht.
Glaube nichts, weil es als heilig gilt.
Glaube nichts, weil ein anderer es glaubt.
Glaube nur das, was Du selbst als wahr erkannt hast.
Siddhartha Gautama (Buddha)

(Was nebenbei auch jene Lügen straft, die Skeptizismus für "unspirituell" halten.)

In der Alltagsprache ist jemand ein Skeptiker, der zweifelt, kritisch nachfragt, nicht alles glaubt.

Leider gibt es auch "Skeptiker", die gar keine sind. Viele, die sich selbst "Skeptiker" nennen (z.B. "Klimaskeptiker", "Euroskeptiker" oder "Evolutionsskeptiker") haben eben keinen Zweifel mehr, dass die ganze Sache Unsinn oder Betrug ist. Sie sind "denialists", "Ablehner", die stur eine Meinung vertreten, unabhängig von der Faktenlage. Also im Grunde Dogmatiker.
Sehr lesenswert: New Scientist-Special "Living in denial". (Dank an Volkmar für den Hinweis!)

Auch in der Skeptikerbewegung gibt es leider dogmatische Ablehner.
Edgar Wunder prägte dafür den Begriff des
Skeptiker-Syndroms.

Sonntag, 13. Juni 2010

Die "Splitterbombe" und der gesunde Menschenverstand

Bei der Demonstration "Wir zahlen nicht für Eure Krise" gegen den Sozialabbau in Berlin am 12. Juni 2010 gab es offensichtlich eine Explosion, die wohl deutlich stärker als die eines Böllers war. (You Tube Video der Explosion, übrigens aus irgendeinem Grund auf "ab 18" gestellt.)

Laut Tagesspiegel und rbb wurden dabei zwei Polizisten so schwer verletzt, dass sie im Krankenhaus operiert werden mussten.

Ich war nicht dabei, und kann nur aufgrund des Videos und einiger Augenzeugenberichte (z. B. hier bei annalist )mutmaßen, was da geschah.

Eines ist aber offensichtlich: es war keine "Splitterbombe", wie es z. B. hier behauptet wird: 15 Berliner Polizisten durch Splitterbombe verletzt (t-online).
Splitterbombe? Sogar in der t-online-Meldung stand ausdrücklich, dass es sich nach Angaben eines Polizeisprechers um einen selbst gebauten Sprengsatz, der möglicherweise mit Nägeln oder Glasscherben gefüllt war, handeln würde. Wenn das stimmt, ist es ekelhaft genug, aber bei weitem keine Splitterbombe. Wäre da auch nur eine improvisierte Splitterbombe detoniert, hätte es unweigerlich Tote und zahlreiche Schwerverletzte gegeben.
Auch das Video macht auf mich nicht den Eindruck, dass die Explosion von einem regelrechten Sprengsatz stammen würde. (Wenn ich "Sprengsatz" höre, denke ich erst mal an etwas mit der ungefähren Wirkung einer Handgranate.) Die Menschen, die auf dem Video zu sehen sind, hätte sicher panischer reagiert, wenn es dort eine wirklich schwere Explosion - womöglich mit Splitterwirkung - gegeben hätte.

Damit will ich nichts verniedlichen - so ein wahrscheinlich selbstgebauter "Riesenböller" ist eine üble Sache, und, wie die Verletzten zeigen, alles andere als harmlos. Aber schon für die von der Polizei vermuteten möglichen Nägel oder Glassplitter gibt es bisher keinen Beleg. Auch das die Tatverdächtigen noch in der selben Nacht wieder frei gelassen wurden, spricht aller Erfahrung nach eher gegen so eine "Höllenmaschine".

Es fehlt, ohne die Gewaltbereitschaft des "Schwarzen Blocks" kleinzureden, auch jedes Motiv dafür, einen potenziell tödlichen Sprengsatz auf Polizisten zu werfen. Für so dämlich halte ich selbst testosteronbefeuerte Randalefreaks, die sich aus irgend einem Grunde für "poltisch" und "links" halten, nicht.

Es gibt aber sehr wohl ein Motiv, die "Bombensache" medial hochzukochen.
Wie annalist schrieb:
Und jetzt sollen Linke in einer Demo durch eine 'Explosion', 'explodierende Wurfkörper' oder einen 'Splittersprengsatz' PolizistInnen verletzt haben? Es fällt mir schwer, mir das vorzustellen. Es passt allerdings hervorragend ins Bild der gemeingefährlichen Linksextremisten.
Meine Ansicht: Wenn Medien von einer "Splitterbombe" berichten, betreiben sie damit ganz üble Hetze.

Allerdings halte ich auch annalists Vergleich mit der berüchtigten (und mittlerweile bewiesenen) Strategie der Spannung für übertrieben. In den 1970er Jahren gab es in Italien eine Reihe inszenierter terroristischer Aktivitäten, die "linken Terroristen" in die Schuhe geschoben wurden. Wie sich später herausstellte, waren die wirklichen Attentäter italienische Geheimdienste, aber auch Rechtsextremisten, die NATO/CIA-Geheimorganisation Gladio und die "Geheimloge" Propaganda Due (P2). Zweck der oberflächlich an einen mittelmäßigen Verschwörungsthriller erinnernden Aktion war es, die öffentliche Meinung zu Ungunsten der politischen Linken zu manipulieren, und insbesondere die damals einflussreiche Kommunistische Partei Italiens in Misskredit zu bringen.

Auch der Vergleich mit anderen inszenierten Attentaten, etwa dem Celler Loch, ist übertrieben. Allenfalls lässt sich eine Parallele zu Fällen herstellen, in denen Provokateure, wie etwa während der Demos gegen den G8-Gipfel zu Gewalttaten animierten, die einen Vorwand für "hartes Durchgreifen" geliefert hätten. Aber wenn in Berlin Provokateure am Werk waren, dann gingen sie meines Erachtens ziemlich dilettantisch vor. Denn Provakateuren geht es normalerweise darum, eine friedliche "Latschdemo" zur "Zoff-Demo" oder gar zur Straßenschlacht "umkippen" zu lassen - und nicht um einen blutigen "Showeffekt", der schwerlich zum "Mitmachen" animiert.

Was bleibt:
Ein übler Eindruck, wie schnell und heftig selbst eher geringfügige Vorfälle dramatisiert werden. Auch "dank" eifrig mithetzender Medien.
Und ein Eindruck davon, wie groß die Angst vor dem "Druck der Straße" sein muss. Denn das Schreckgespenst eines immer schlimmer und immer brutaler werdenden Linksextremismus wird, denke ich, ja nicht von ungefähr aus der Mottenkiste geholt.
(Übrigens gab es allein im April mindestens 73 Verletzte durch rechtsextreme Gewalt. Auch wenn Nazi-Schläger ebenfalls für eine autoritäre Politik im Sinne eines Polizeistaates instrumentalisierbar sind, passen "Linke Gewalttäter" wohl besser ins Konzept. Hysterisch reagierende Linke sind in diesem Sinne nebenbei bemerkt ebenfalls "nützlich".)

Nachtrag, 14.06.: Hier nochmal das Video von der Explosion, bisher ohne Altersbeschränkung.

Laut fefe gingen bei ihm Mails ein, die die "Splitterbombe" als "Agitprop von Springer" entlarven:
Die Mails gehen von "ich hab da keinen Krankenwagen Polizisten abholen sehen" über "das würde ich als Law-and-Order-Innenminister genau so machen" bis hin zu "auf dem Video sieht man, dass das nur ein Böller war".
Mich stört übrigens, dass auch in serösen Medien von "Krawallmachern" die Rede ist. Wie viele Leute braucht man denn, um einen übergroßen Böller zu schmeißen?
Das bedeutet übrigens auch, dass es übertrieben ist, hinter diesem "Anschlag" eine "false flag operation" oder ähnliche Verschwörung zu vermuten. Ein durchgeknallter Spinner reicht bereits aus.

Sehr lesenswert: der ausfühliche Bericht des humanistischen pressedienstes von der Berliner Demonstration "Wir zahlen nicht für eure Krise". Darin heißt es zur "Bombe":
Hätten bei soviel Verletzten nicht Krankenwagen und Rettungshubschrauber auftauchen müssen? Ein einziger Krankenwagen war nach einiger Zeit zu hören und außer dem Überwachungshubschrauber war auch in der Luft nichts zu sehen.
Wenn tatsächlich so ein Blutbad angerichtet worden wäre, wieso konnte dann die Demonstration einfach so weiterziehen? Wieso wurde dann die Demonstration an dieser Stelle nicht aufgelöst (Bei so einem Vorkommnis nach unserem Dafürhalten ein wichtiger Grund!)?

Wieso findet bei der Rede des Organisators, der ständig in persönlichem Kontakt mit dem Verbindungsmann der Polizei stand, auf der Abschlußkundgebung dieser angeblich schwere Zwischenfall keine Erwähnung?

Wieso ist auf den unmittelbar aus der Nähe aufgenommenen Videos nichts zu sehen, außer dem Knall inmitten des Demonstrationszuges, der an dieser Stelle mit Polizisten vermischt war, und den Sprechchören ”Haut ab, haut ab!” und dann wird weiter demonstriert, als wäre nichts geschehen?

Wie auch immer: Auf jeden Fall wurde erreicht, dass die Demo in den Medien insgesamt in Misskredit gebracht wurde. Thema ist nur noch die sogenannte „Linke Gewalt”, statt der wichtigen Themen, weswegen die Menschen auf die Straße gegangen sind. Ist dies vielleicht Absicht?

Traurige Notlösung Mietspeicher

Nicht immer bin ich von den Blogbeiträgen "Don Alphonsos" angetan. Was übrigens nichts mit denen von "Don" vertretenen Ansichten zu tun hat, denn ich weiß, dass diese Kunstfigur sich deutlich von ihrem Schöpfer Rainer Meyer unterscheidet. Immerhin sind sind fast immer geistreich und amüsant, weshalb ich sie auch dann gerne lese, wenn ich mich über sie ärgere.

Vor einigen Tagen bloggte ich über den meiner Ansicht nach fehlenden Pragmatismus der Deutschen. Daran musste ich sofort denken, als "Don" eine Einrichtung vorstellte, von der man im ersten Moment annehmen könnte, sie sei eine pragmatische Lösung eines Problems: "Self Storage" - Lagerhäuser, die Lagerraum für Dinge bieten, deren Besitzer für sie im Moment keine Verwendung haben, von denen sie sich aber auch nicht trennen mögen.
Das Begräbnis der Dinge und der Bürgerlichkeit

Von einigen Ausnahmen abgesehen, ist diese scheinbar so praktische Lösung einigermaßen absurd: anders als im eigenen Keller oder Dachboden verursacht die Lagerung im gemieteten Speicher laufend Kosten. Dennoch gibt es offensichtlich Bedarf für solchen Speicher - etwa, weil die Lebensumstände es gar nicht zulassen, dauerhaft eine Wohnung mit Keller zu bewohnen. Ich könnte mir ohne Weiteres vorstellen, dass ich unter Umständen so einen Mietspeicher benutzen würde, um Dinge einzulagern, von denen ich mich nicht trennen möchte oder deren Verkauf und spätere Wiederbeschaffung mehr Kosten würde, als die Lagermiete ausmacht. Aber diese Umstände, die mich dazu veranlassen könnten, gefallen mir ganz und gar nicht. Da gebe ich Don recht:
Mein Platz, Dein Platz, sagt die Werbung, aber genau das Gegenteil ist der Fall, denn niemand, der es braucht, hat wirklich einen dauerhaften Platz im Leben. Niemand würde vermutlich aus freiem Willen so leben wollen, gleichzeitig von Dingen überfrachtet und ihnen trotzdem durch die Konsumgesellschaft ausgeliefert. Es sei denn, es laufen darin zwei dieser erstaunlichen Zivilisationsdeformationen der letzten Jahre zusammen: Der krankhafte Anhäufer, der aufgrund der Konsummöglichkeiten zuviel hat, um es noch zu kontrollieren. Und der internationale Bindungslose, der überall und immer gehen kann, der nie zu lange bleibt und immer die Option hat, verbrannte Erde zu hinterlassen, denn seine Freunde sind bei Facebook, seine Wohnung ist immer nur auf Zeit, seine Vergangenheit ein paar Zeilen in der Bewerbung und seine Zukunft ungewiss. Unbürgerlich ist beides, und beidem kann mit so einem Mietgrab der Gegenstände abgeholfen werden, denn der Besitz bleibt erhalten, und genauso die Bewegungsfreiheit. Beides können die Betroffenen hemmungslos ausleben, für ein paar Euro mehr, die man gerne bezahlt, wenn der nächste Job einen Gehaltssprung vorsieht. Es macht das Dasein sehr viel leichter, weniger Ballast erhöht die Beschleunigung noch etwas, und wenn der andere vielleicht noch überlegt, ob sich ein neuer Umzug lohnt, ist der Selbstwegspeicherer vielleicht schon im Flieger zu neuen Horizonten, wo er alles neu kauft.
Sicher ist diese Formulierung ungerecht gegenüber denen, die zur Mobilität und Flexibilität regelrecht gezwungen werden, die es sich nicht ausgesucht haben, "Arbeitsnomaden" zu sein.
Aber in was für einer Welt leben wir, in der die Instrumentalisierung und Selbst-Instrumentalisierung zu so im Grunde traurigen und absurden Lösungen führt?

Mittwoch, 9. Juni 2010

Pragmatismus (fehlender, in Deutschland)

Ein Nachtrag zur "Schwedischen Lösung". Darin schrieb ich:
Einer der auffälligsten Mentalitätsunterschiede ist der schwedische Pragmatismus. (Der Mangel an Pragmatismus mit der damit verbundenen Rechthaberei und Prinzipienreiterei scheint mir ein Gründübel der deutschen Gesellschaft zu sein, neben der immer noch wirksamen Untertanenmentalität. Aber das ist ein anderes Thema.)
Dass es in der deutschen Debattenkultur selbst Menschen mit pragmatischen politischen Zielen an Pragmatismus mangelt, fiel mir auf ziemlich drastische Weise auf, als ich den Lifestream vom Bundesparteitag der “Piratenpartei” verfolgte. Ich kannte erbitterte Debatten noch aus der Zeit, als die “Grünen” noch grün waren - oft auch hinter den Ohren - und sich nicht immer grün waren. Aber damals vermutete ich, das läge an den ideologisch verhärteten Fronten - "Fundis" gegen "Realos", Technikfans gegen Technikfeinde, Ökolibertäre gegen Öko-Autoritäre, "Neo-Hippies" gegen Öko-Spießer, Öko-Spirituelle gegen (knallhart materialistische) Öko-Linke usw, usw, usw. . (Oft bedaure ich, dass die bunten Chaotentruppe von damals zu einer "ganz normalen" Partei mit dem "ganz normalen" Parteizweck des Machterwerbs und -erhalts und sehr viel Opportunismus wurde.)

Solche Flügelkämpfe konnte ich bei den “Piraten” bisher nicht ausmachen - aber den unsäglichen, aufs Fertigmachen und Rechthaben gerichteten Debattenstil sehr wohl. Als Ursache sehe ich den fehlenden Pragmatismus. Was übrigens kein "Livestream-Artefakt" - es wirkt ja immer alles etwas chaotischer, wenn man nicht selbst dabei ist - zu sein scheint. Karan twitterte direkt vom Parteitag: "Könnte bitte mal jemand eine Runde Pragmatismus ausgeben?"
Ich kann mir so eine verkorkste Debatte in England oder Schweden irgendwie nicht vorstellen.

Mir fällt immer wieder auf, wie selten Streitgespräche im deutschen Sprachraum bei der Sache bleiben, ohne von einem Extrem ins andere zu taumeln. Meistens vermischt sich das mit heftigen ad personam-Attacken - und mit nicht weiter begründete negativen Werturteilen wie “das ist doch Scheiße”.

Ich habe den Verdacht, dass der "streitsüchtige, prinzipienreitende, besserwisserische" Deutsche kein reines Vorurteil ist. Wie oft das Klischee von der "deutschen Oberlehrermentalität" zutrifft, merkt man als Deutscher meistens erst, wenn man andere Mentalitäten kennengelernt hat.
Wir Deutschen neigen offensichtlich dazu, uns über andere zu erheben, indem wir sie erniedrigen. Mir fällt das im Interview-Stil auf: offensichtlich wird von deutschen Journalisten erwartet, dass sie in einem Interview jemanden richtig “fertigmachen”. Dem gegenüber steht der deutsche Brauch, ein Interview autorisieren zu lassen, vor allem, wenn “wichtige” Personen interviewt werden. Das heißt: aggressiv in der Form, unterwürfig-ängstlich in der Sache. Der gute “angelsächsiche” Journalismus macht’s genau anders herum. (Der schlechte “angelsächsische” Journalismus ist dafür meines Erachtens an Gehässigkeit kaum noch zu toppen, nicht mal von der “Bild”, die ja deutlich dem Vorbild der englischen Revolverblätter wie “Daily Mirror” oder “Sun” folgt.).

Woher der deutsche Mangel an Pragmatismus stammt, und weshalb pragmatische Politiker wie Helmut Schmidt in Deutschland die große Ausnahme sind (wobei Schmidt nebenbei bemerkt in seiner Oberlehrerhaftigkeit trotz Pragmatismus sehr "Klischeedeutsch" sein konnte), darüber gibt es zahllose Theorien. Es wäre wenig pragmatisch, ihnen allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken.

Die deutsche Rechthaber/Runterputzer-Mentalität, meiner Ansicht nach ein wesentlicher Grund für fehlenden Pragmatismus, stammt, wiederum nur nach meiner unmaßgeblichen Auffassung, vor allem aus der Angst vor Fehlern. (Die mich auch dazu bringt, so vorsichtig zu formulieren.)

Die Angst vor Fehlern ist im Kern, denke ich, die Angst davor, für einen Fehler gerade stehen zu müssen.
Die wiederum hängt wohl damit zusammen, dass jemand, der einen Fehler “begangen” hat (verräterischer Sprachgebrauch: man begeht ein Verbrechen!), in Deutschland oft und gern “fertiggemacht” wird.
Das war schon damals in der Schule so: es kam, hatte ich den Eindruck, eher darauf an, möglichst wenig Fehler zu machen, anstatt richtig gut zu sein.
(Der Ansatz des Fehlerzählens ist bei Diktaten und bei reinen Wissenstests angemessen, schon in Mathe sollte der Lösungsweg ebenso wichtig sein, wie das richtige Ergebnis.)
Später erlebte ich, dass bei fast allen Bewerbungen (und ich habe viele hinter mir!) mir hinsichtlich meiner “Schwachstellen” auf den Zahn gefühlt wurde, während eventuelle Stärken als “selbstverständlich” vorausgesetzt wurden.
Umgekehrt ist die Frage: “Was sind Ihre größten Stärken?” unter Bewerbern vielleicht noch mehr gefürchtet als die Frage: “Was sind Ihre größten Schwächen?”
Ich jedenfalls habe vor der Frage nach den Stärken mehr Angst. Meine Schwächen glaube ich zu kennen, ich weiß auch ungefähr, welche Schwächen ich einigermaßen gefahrlos in einem Vorstellungsgespräch zugeben kann. Aber die Stärken? Da bleibt es - auch bei mir - beim “Üblichen”, von dem ich weiß, dass es “gefragt” ist - Teamfähigkeit, Selbstständigkeit, Lernbereitschaft, Fleiß, usw. usw. “Kreativität” eher nicht.
Zu meinem Leidwesen habe ich schon einige Male erfahren müssen, wie wenig geachtet “kreative Spinner” selbst in der Werbung sind.
”Also, ich denke, Sie, als jemand mit kaufmännischer Ausbildung, könnten ein gutes Gegengewicht zu diesen kreativen Spinnern da im ersten Stock sein.”
Die vergesse ich nie, diese Verachtung in der Stimme eines Managers einer Werbe- und PR-Agentur gegenüber den Menschen, ohne die er weder Werbung noch PR machen könnte. Das sind eben Handlanger, deren Kreativität man sich einkauft. Aber ein IT-Kaufmann, der denkt nüchtern, sachlich - und dessen “Nüchternheit” und dessen “Pragmatismus” wird eben genau so eingekauft.
Wichtig sind allein die “Entscheider”, die “Ausführer” und ihre Fähigkeiten sind “Menschenmaterial”. Das ist wiederum recht pragmatisch, aber auf eine Weise, die ich nicht schätze.

Montag, 7. Juni 2010

Schwedische Lösung - Schaffen wir einfach das Bargeld ab!

Sie ist beinahe sprichwörtlich. IKEA machte Werbung damit: Die "schwedische Lösung". Eine Problemlösung, die praktisch, sehr pragmatisch, äußerst effizient, originell und irgendwie pfiffig ist. "Warum denn kompliziert, wenn es auch einfach geht?" statt des in Deutschland und Österreich weit verbreiteten Prinzips: "Warum denn einfach, wenn es auch kompliziert geht?"

Die "idaltypische schwedische Mentalität" und die "idaltypische deutsche Mentalität" haben viel gemeinsam: Perfektionismus und Effizienzstreben, aber wohl auch ein Hang zur Selbstgerechtigkeit. Einer der auffälligsten Mentalitätsunterschiede ist der schwedische Pragmatismus. (Der Mangel an Pragmatismus mit der damit verbundenen Rechthaberei und Prinzipienreiterei scheint mir ein Gründübel der deutschen Gesellschaft zu sein, neben der immer noch wirksamen Untertanenmentalität. Aber das ist ein anderes Thema.)

Auf den ersten Blick scheint das hier eine "typische schwedische Lösung" zu sein: die Abschaffung des Bargeldes
Böses Bargeld (spon). Eine, so scheint es, geradezu gnadenlos pragmatische Idee, wie sich eine ganze Reihe von Problemen einfach aus der Welt schaffen ließen.

Warum eigentlich nicht? Kreditkarten oder wenigstens eine EC-Karte hat inzwischen praktisch jeder. Und die Vorteile liegen auf der Hand: Ohne Bargeld gäbe es weniger Kriminalität.
  • Weniger Diebstähle: Bargeld kann risikolos und ohne Probleme von einem Dieb verwendet werden. Taschendiebe und Bankräuber hätten es ohne Bares schwer. (Tatsächlich ist ein spektakulärer Raubüberfall, der große Helikopterraub Anlass der Debatte.) Ohne Bargeld weniger Überfälle, argumentiert die schwedische Bankgewerkschaft, die treibende Kraft der Anti-Bargeld-Kampagne.
  • Der "Straßenhandel" mit Drogen und die Prostitution funktionieren nicht ohne Bargeld. (Prostition ist in Schweden verboten, in sehr "schwedischer" Weise übrigens - "Sexkauf" ist strafbar, "Sexverkauf" nicht - was bei Licht besehen weniger effizient und gerecht als behauptet ist. (Und auch weniger frauenfreundlich.) (Hierzu auch Lügen über Prostitution auf schwedisch.)
  • Und ein Argument darf nicht fehlen: Wer Bares besitzt, hat etwas zu verbergen. Bargeld ist anonym, es könnte aus illegalen Geschäften stammen. Oder Schwarzgeld sein.
Die letzten beiden Argumente zeigen, dass diese "schwedische Lösung" gar keine echte "schwedische Lösung" ist: sie ist nicht wirklich pragmatisch und auch nicht wirklich eine Lösung des Kriminalitätsproblems. Da schwerlich alle Staaten der Erde ihr Bargeld abschaffen werden, ist absehbar, dass kriminelle Geschäfte künftig in Valuta abgewickelt werden. Und Schwarzgeld, in Form z. B. von schwarzen Konten, ist sowieso meistens kein Bargeld. Und die Anzahl der Kreditkartenbetrugsfälle steigt bekanntlich auch - eines der wenigen Delikte, die in den letzten Jahren zugenommen haben. Bei der ebenfalls zunehmenden "Online-Kriminalität" (Phishing usw.) ist auch kein Bargeld im Spiel.

Typisch ist das klassische Totschlag-"Argument" vom rechtschaffenden Bürger, der nichts zu befürchten hätte - sogar in verschärfter Form: wer Bargeld benutzt, hat etwas zu verbergen. Allerdings gilt auch im schwedischen Recht die Unschuldsvermutung.

Warum also das Ganze? Die Angst der Bankangestellten vor Überfällen ist verständlich, aber es sieht mir ganz so aus, als würden sie nur vorgeschoben werden. Von den kursierenden Horrorzahlen gar nicht zu reden. (Schweden ist ein Land mit im europäischem Vergleich geringer Gewaltkriminalität.)
Die Abschaffung des Bargeldes ist natürlich praktisch für Handel, Industrie und Banken, weil dann immer genau bekannt ist, wer wo was gekauft hat. Die Banken und die Kreditkartengesellschaften freuen sich natürlich auch. Aber auch die Sozialbehörden freuen sich: endlich kann kontrolliert werden, wie z. B. ein Sozialhilfempfänger seine "Stütze" verwendet.

Dass z. B. kleine Läden schließen müssen, deren Laufkundschaft kleine Beträge gerne bar zahlen möchte, und für die eine Umrüstung auf Kartenzahlung schlicht unrentabel ist, stört nicht weiter. Die haben eh keine nennenswerte Lobby.

Ich fürchte, dass, wenn diese Lösung erst einmal in Schweden eingeführt wurde, sie kurz über lang auch in "Euroland" eingeführt wird. Es ist ja soooo praktisch!

Sonntag, 6. Juni 2010

Willkommen im Polizeistaat!

Irgendwie schafft die "Sicherheitspolitk" es immer wieder, die schlimmsten Erwartungen zu übertreffen. Und es geschieht klamm und heimlich. Selbst die Parlamente werden einfach kaltgestellt.
Das Bundeskanzleramt machte die Sache eilig. Ohne Diskussion im Bundestag sollte der Bundesrat noch schnell vor der Fußballweltmeisterschaft eine Rechtsverordnung abnicken, welche die heute schon umfangreichen Karteien des Bundeskriminalamtes auf ein rechtliches Fundament stellt [...]

Zulässig, um zum Kern der Sache zu kommen, sind etwa Dateien,
die der Sammlung und Auswertung von Informationen zu Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung dienen und die vor allem das Erkennen von Zusammenhängen zwischen Taten untereinander und zu Tätern sowie von Täterorganisationen ermöglichen (delikts- und phänomenbezogene Dateien).
Es reicht nach dem Wortlaut also schon aus, wenn eventuelle Straftaten sowohl in Düsseldorf als auch in Hamburg begangen werden und irgendein Zusammenhang besteht (zum Beispiel, weil Verdächtige miteinander telefonieren, mailen oder gar eine Ländergrenze überqueren). Bemerkenswert ist auch, dass die Straftaten nicht länderübergreifend und von erheblicher Bedeutung sein müssen. Nein, in der Verordnung steht ein “oder”. Mit anderen Worten: Es sind auch Dateien für Bagatellen, leichte und mittlere Kriminalität denkbar – “politische” Delikte selbstverständlich eingeschlossen. [...]

Das Bundeskriminalamt führt die bestehenden und die kommenden Dateien als “Zentralstelle” für die Polizeibehörden der Länder. Dies bedeutet: Jeder Polizeibeamte kann künftig die Daten abrufen und auswerten. Wer es, auch ohne einer Straftat überführt zu sein, in eine der Dateien geschafft hat, wird schon dem Verkehrspolizisten bei einer Kontrolle absolut nichts mehr zu erzählen haben.

Der Beamte weiß nach einem Blick in den Computer ohnehin mehr als der Betroffene selbst.
Eine Schublade für jeden von uns (law blog)
Der Vorwand: mögliche Unruhen im Umfeld der Freiluftverstaltungen zur Fußball-WM.

Aber auch auf europäische Ebene funktioniert das Täuschen und Kaltstellen bestens. Vorwand hier, nach erprobtem Muster: "Die Kinder, denkt denn keiner an die Kinder .... "
Smile29, das "Frühwarnsystem gegen Pädophilie und sexuelle Belästigung" (im Internet) ist ein Pauschalpaket samt Vorratsdatenspeicherung - nur wird davon nie gesprochen.
Es ist eher selten, dass Abgeordnete einen Fehler öffentlich eingestehen. Noch seltener dürfte es vorkommen, dass sie öffentlich mitteilen, sie seien mehr oder minder hinters Licht geführt worden. Eben dies geschieht derzeit jedoch im Fall der Erklärung Nummer 29. (...)

Hoppla, da habe ich doch versehentlich für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt (telepolis)

Warum das Ganze (und noch viel mehr)? Ohne ins Verschwörungstheoretisieren zu verfallen: Da ist die nackte Angst vor dem eigenen Volk am Werk. Eine vielleicht nicht ganz unbegründete Angst, angesichts solcher Nachrichten:
Vor allem mit Einschnitten im Sozialbereich will die schwarz-gelbe Bundesregierung einen radikalen Kurswechsel in der Haushaltspolitik einleiten.
Schwarz-Gelb ringt um Rekord-Sparpaket
Vor allem, wenn es darin heißt:
Die Zeit, in der Deutschland über die Verhältnisse gelebt habe, müsse überwunden werden.
Fragt sich,wer denn da eigentlich über wessen Verhältnisse gelebt hat. Von dem Aufschwung bis 2008 haben die meisten Arbeitnehmer und Rentner so gut wie gar nicht profitiert: Trotz Wirtschaftswachstum sind Einkommen und Renten real sogar gesunken. Und dass die "Harz Vierer" über ihre Verhältnisse leben, glauben allenfalls jene, die es unbedingt glauben wollen.
(Hierzu: Rückschau: Durch sparen aus der Krise? (DasErste.de))
Wobei es gar nicht so unwahrscheinlich ist, dass es noch heftiger kommt: Wirtschaftsrat der CDU fordert harte Einschnitte - Sparen bei Gesundheit, Familien und Hartz IV – Unternehmen und Reiche sollen ungeschoren bleiben (telepolis).

Bisher ist es noch einigermaßen ruhig in Deutschland. Es könnte sich aber unter Umständen ganz schnell ändern. Und da die Sicherheitsexperten beim BKA und anderswo, außer "präventiv alles Überwachen" und "hart Durchgreifen" selten etwas einfällt, und ein Polizeistaat für große Teile der politischen und ökonomischen "Elite" durchaus verlockend ist, ist es vielleicht nicht ganz zufällig, dass gerade jetzt auch die Bürgerrechte heimlich und verfassungswiderig abgebaut werden.

Ach, noch was:
Bundesweiter Aufruf zu Demonstrationen am 12. Juni 2010 in Berlin und Stuttgart
Wir zahlen nicht für eure Krise!
Gemeinsam gegen Erwerbslosigkeit, Kopfpauschale und Bildungsabbau!
Samstag. der 12. Juni 2010

Berlin: Rotes Rathaus - 12 Uhr
Stuttgart: Innenstadt - 11 Uhr

Quelle: Wir zahlen nicht für Eure Krise

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