Überwachungsgesellschaft

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Na ja, war nicht anders zu erwarten ...

Netzpolitik: Vermittlungsausschuss winkt BKA-Gesetz durch wobei es nur Kosmetische Korrekturen gegenüber dem aus bürgerrechtlicher Sicht katastrophalen Entwurf gibt. Es bleibt dabei: das BKA-Gesetz hebelt wichtige Grundrechte aus.

Zu einer anderen heute getroffenen Entscheidung fällt mir ein: die deutsche Regierung ist die Vorhaut der Klimapolitik - wenn's ernst wird, zieht sie sich zurück.

Dienstag, 9. Dezember 2008

Da sage noch einer, Juraprofessoren hätten keinen Humor

Internetrechtler: Vorratsdatenspeicherung dient dem Schutz der Menschenwürde.
Guter Witz, schön trocken serviert.

Dachte ich, bis ich merkte: der Mann meint es ernst.
Und klar, was mit Kinderpornographie ist natürlich auch dabei:
Zur Begründung seiner These verwies Heckmann, der auf dem Wissenschaftsforum "Vertraue niemand" der Wochenzeitung Die Zeit in Berlin sprach, auf ein jüngst veröffentlichtes Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieses kritisiert die finnische Regierung in einem Fall mit kinderpornographischen Hintergrund, dass sie nicht schon 1999 ein Rahmenwerk zur Aufdeckung der Nutzer hinter einer IP-Adresse in Kraft gesetzt habe.

Sonntag, 7. Dezember 2008

Kein Wunder, dass es "immer mehr Kinderpornos" gibt ...

... wenn z. B. in Großbritannien sogar schon Wikipedia-Artikel gesperrt werden - heise: Britische Provider sperren Wikipedia-Artikel - wikinews: UK ISPs erect 'Great Firewall of Britain' to censor Wikimedia sites

Übrigens handelt es sich bei dem kinderpornographieverdächtigen Bild um ein Plattencover der deutschen Hard-Rock-Band "Scorpions", das alte Cover von Virgin Killer.
Wenn man den Maßstab, was "sperrungswürdige" KiPo auf diesem Niveau ansetzt, braucht man nicht mehr über die "gewaltige Zunahme von Kinderpornografie im Netz" wundern.

Wundern kann man sich dagegen, wieso so viele Befürworter der Seitensperrung (darunter bekanntlich Bundesfamilienministerin von der Leyen) glauben, dass diese Form der Netzzensur überhaupt wirksam ist. Die Frage, ob sie dann auch gegen KiPo sinnvoll sei, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Außerdem zeugt die britische Sperraktion von einem - vorsichtig formuliert - lückenhaftem Verständnis der Funktionsweise des WorldWideWeb:
Doch anstatt das beanstandete Bild selbst zu blockieren, haben die Verantwortlichen offenbar nur den Artikel über das Album auf die Filter-Liste gesetzt. Wer den Artikel direkt aufrufen will, bekommt entweder eine nichtssagende Fehlermeldung oder eine leere Seite angezeigt. Das beanstandete Bild ist weiterhin abrufbar – jedoch ohne den erläuternden Kontext des Wikipedia-Artikels.
(heise).

Warum das Ganze? Mir fallen mehrere mögliche Gründe ein:
  • Purer Aktionismus - "wir tun was" - gegen etwas, das fast vom der ganzen Bevölkerung - zurecht - entschieden abgelehnt wird.
  • Technische Ignoranz, verbunden mit Technikgläubigkeit: Die für solche Aktionen Verantwortlichen verstehen einerseits "das Internet" nicht (wahrscheinlich ist es ihnen sogar unheimlich), anderseits vertrauen sie Experten, die ihnen versprechen, das Problem durch ein paar technische Maßnahmen aus der Welt schaffen zu können.
  • Wahltaktik: Zuerst dem Wahlvolk Angst einjagen - "immer mehr Kinderpornos im Internet" - und sich dann durch die Bekämpfung einer Stohpuppe profilieren (ohne dass auch nur ein echter Fall von sexualisierter Kindesmisshandlung - wozu "echte" Kinderpornographie fraglos gehört - aufgeklärt oder verhindert würde).
  • Ein Vorwand, um weitreichende Zensurgesetze und -techniken zu rechtfertigen und zu installieren. "Wenn selbst Seitensperrung nicht hilft ..."
Ich vermute übrigens auf der Seite der politisch Verantwortlichen eine Mischung aus Naivität (hinsichtlich der Technik) einerseits und machtpolitischer Abgebrühtheit andererseits. Und natürlich Angst. Sehr viel Angst. Auch und gerade vor dem eigenen Volk.

Mittwoch, 3. Dezember 2008

Schwerverbrecher, hinter jeder Ecke Schwerverbrecher

Bekanntlich werden In Großbritannien sogar Müllsünder auf Grundlage eines Anti-Terror-Gesetzes von Kommunen ausspioniert.
Wenn man schon so tolle Gesetze und so tolle teure Überwachungstechnik hat, dann wendet man sie auch an. Terroristen gibt es wenige. Müllsünder viele. Ist zwar ein wenig so, wie Mückenjagd mit dem Vorschlaghammer, Blattlausvernichtung mit dem Flammenwerfer oder Stadttauben-Bekämpfung mit einer 35 mm-Flak - aber wenn man das Zeugs schon mal hat ...

Das gilt natürlich auch für die Vorratsdatenspeicherung. Wir erinnern uns: Das Bundesverfassungsgericht hat per einstweiliger Anordnung den Zugriff ausdrücklich auf Fälle beschränkt, in denen Gegenstand des Ermittlungsverfahrens eine schwere Straftat im Sinne des § 100a Abs. 2 StPO ist, die auch im Einzelfall schwer wiegt, der Verdacht durch bestimmte Tatsachen begründet ist und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre. (Info via Udos Law Blog).
Innerhalb von drei Monaten sollen Ermittlungsbehörden (mit richterlicher Erlaubnis) schon fast 2200-mal auf Vorratsdaten zugegriffen haben. Diese Zahl ergibt sich laut SpOn aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion.

Sicherheitsfanatikerexperten werden das möglicherweise als Indiz dafür halten, wie schrecklich viele Schwerverbrecher es doch gäbe, und wie leistungsfähig das Werkzeug Vorratsdatenspeicherung doch in der Kriminalitätsbekämpfung sei. Meiner Ansicht nach zeigen die Zahlen nur, wie gleichgültig Entscheidungen des Verfassungsgerichts genommen werden - und wie "wirksam" der viel beschworene Richtervorbehalt ist.
Außerdem gäbe es es noch die gern genutzte Möglichkeit der kreativen Gesetzesinterpretation, nach der z. B. ein Blogbeitrag über Sprengstoffchemie ganz schnell zur "Bombenbauanleitung im Internet" mutieren kann - und diese angebliche Bauanleitung wiederum schnell zum Verstoß gegen § 40 Waffengesetz ("Verbotene Waffen").

Damit dürfte auch klar sein, wieso die CDU ein Bekenntnis zur deutschen Sprache ins Grundgesetz aufnehmen will. Damit in Zukunft die Verfassung wenigsten in einem Punkt mit der gesellschaftlichen Realität übereinstimmt.

Übrigens: "Man kann das Grundgesetz auch dann mit den Füßen treten, wenn man im Rollstuhl sitzt."

Samstag, 22. November 2008

Kinderpornoterroristen

Moderne Legenden ("urban legends")haben oft etwas Lächerliches. Eine der lächerlichsten "urban legends" der letzten Monate waren die Kinderpornoterroristen - die Behauptung, dass islamistische Terroristen geheime Botschaften in Bildern durch Steganografie verschlüsseln und zwar ausgerechnet in Kinderpornos. (Hintergrund dieser hirnverbrannten Idee bei "telepolis": Die Terroristen und die Kinderpornografie.)
Offensichtlich wurde diese Legende von Geheimdienstlern lanciert. Es ist sicherlich nicht allzu "verschwörungstheoretisch" gedacht, wenn ich annehme, dass diese Geheimdienstler ihre "Pappenheimer" kannten.

Gesetzt den Fall, jemand beabsichtigt, massiv in der Privatsphäre von möglichst vielen Bürgern herumzuschnüffeln, ist das "Argument" Kinderpornographie taktisch gesehen dem "Argument" Terrorismus überlegen. Nicht nur, dass die Wahrscheinlich, bei einer spontanen Hausdurchsuchung auf Kinderpornographie (und erst recht auf Jugendpornographie) oder zumindest etwas, was als KiPo bzw. JuPo ausgelegt werden könnte, zu stoßen, weitaus größer ist, als die, etwas zu finden, was auch nur entfernt an Terrorpläne erinnert - die Kinderpornographie ist auch psychologisch zur Panikerzeugung besser geeignet als die "abstrakte Bedrohungslage durch Terroristen".

Wie psychologisch wirksam das Stichwort Kinderpornografie ist, erkennt man daran, das es das rationale Denken in den Redaktionsräumen komplett auszuschalten vermag. Von seriöser Recherche kann bei diesem Thema selbst bei "Qualitätsmedien" nur selten die Rede sein. Fakten sind bei diesem Thema nicht gefragt - es geht um Emotionen, um berechtigte, aber auch um oft irrationale Ängste, die wiederum durch die Medien verstärkt werden.

Dabei ist es erstaunlich, was alles behauptet und offensichtlich geglaubt wird - z. B. dass kinderpornographische Bilder und Videos massenhaft im World Wide Web vertrieben würden, was offensichtlich auch unsere Frau Ministerin von der Leyen meint. Es wäre auch sehr unwahrscheinlich, weil es für die Täter extrem riskant wäre. Was das BKA schon 1998 ganz richtig sagte, stimmt immer noch: Das WWW stellt nicht das Hauptpotential für Straftaten dar. Was allerdings stimmt: das Internet (von dem das WWW nur ein Teilbereich ist) spielt beim nicht-kommerziellen Tausch von Kinderpornographie eine wichtige Rolle, wobei File Sharing, IRC und in gewissen Umfang auch noch Usenet-Gruppen benutzt werden. Ein kommerzieller Anbieter gefährdet zwangsläufig seine Anonymität durch Bezahlung. Deshalb sind die viel zitierten "Kinderporno-Ringe" fast immer reine "Amateurveranstaltungen", in denen ohne Gewinnabsicht Kinderpornos getauscht werden. Die Behauptungen, Kinderpornographie sei ein Multi-Millionen-Geschäft, sind m. E. aus der Luft gegriffen.

Um eines Klarzustellen: Es geht mir, wenn ich mich mit medialen Legenden über "Kinderpornographie im Internet" auseinandersetze, nicht um den "Missbrauch" von Kindern (in Anführung, weil der Begriff "Missbrauch" suggeriert, es gäbe einen korrekten "Gebrauch" von Kindern) bzw. wie ich es lieber formuliere, um sexualisierte Kindesmisshandlung. Und Kinderpornographie ist nichts anderes als die bildliche Darstellung sexualisierter Kindesmisshandlung. Dass ich so etwas zutiefst verabscheue, müsste ich nicht eigens betonen, wenn ich nicht Kommentare auf frühere Artikel bekommen hätte, ich würde mit der "Kinderporno-Mafia" sympatisieren.

Es geht darum, dass Abbildungen von sexualisierten Kindesmisshandlungen im "Internet" (gemeint ist meistens nur das WWW) zu finden wären. In dieser Hinsicht kann ich beruhigen: im "Internet" gibt es nicht so große Gefahren für Kinder und Jugendliche, wie gemeinhin vermutet wird. Die Chance, beim Surfen "per Zufall" auf (harte) Kinderpornographie zu stoßen, ist gleich Null.
Es gibt allerdings noch sog. "Posing"-Fotos, d. h. sexualisierte Darstellungen von Kindern "im Internet", weil die Rechtslage auf diesem Gebiet national sehr unterschiedlich ist. Da diese Bilder aber in der Regel nicht infolge sexualisierter Gewalt gegen Kinder zustande kommen, bezeichne ich sie als "weiche Kinderpornographie" - vulgo: Wichsvorlagen für Pädophile. Und dann gibt es zahllose nicht-sexualisierte Fotos nackter Kinder "im Internet" - die zwar auch unter Umstände Wichsvorlagen für Pädophile abgeben, aber das sollte kein Kriterium für die Strafbarkeit sein. Es gibt Pädophile, die sich an den Kinderwäscheseiten im Otto-Katalog und ähnlicher Werbung aufgeilen.

Das bedeutet nicht, dass die Kinderporno-Hysterie nun bei langer Zeit als völlig harmlos angesehener Werbung nicht zubeißen würde. Zumindest in den USA ist es längst so weit:
coppertone-heute
Was auffällt: das kleine Coppertone-Mädchen hat keine Gesäßfalte / "Poritze".
Zum Vergleich das gleiche Motiv vor 50 Jahren - wohlgemerkt: aus den "prüden 50ern", als es in den USA verboten war, im Fernsehen zwei Menschen in einem Bett zu zeigen, auch wenn sie angekleidet waren:
coppertone-damals
Dass das damalige Coppertone-Mädchen sehr braungebrannt ist, was dem herunter gezogenen Höschen erst seinen werblichen Wert gab ("extrem braun ohne Sonnenbrand dank Coppertone"), während das heutige eher blass wirkt, ist ein anderes Thema.

Es ist in der Soziologie schon lange bekannt, welchen Sinn Gebote und Tabus gesellschaftlich machen: Gesellschaftliche Regeln und Tabus grenzen ein, was gesagt und gedacht werden kann. Sie stärken damit Identität und Zusammenhang einer Gruppe und ritualisieren den öffentlichen Diskurs. Wer sich außerhalb des Konsens stellt, wird schnell moralisch ausgegrenzt - und eignet sich daher ideal zur Konstruktion eines Feindbildes.

Wie dieses Konsens aussieht, und was jeweils für "moralisch zutiefst verwerflich" gehalten wird, unterliegt Schwankungen. (Das "Coppertone-Mädchen" ist dafür ein gutes Beispiel.)

Im "Internet" gibt es z. B. Informationen darüber, welche Cannabis-Sorten in Holland gerade besonders günstig zu erwerben ist. In den 1970er Jahren hätte das, hätte es das "Internet für Jedermann" schon gegeben, sicherlich zu einem medialen Aufschrei geführt. Heute gibt es zwar immer noch gesellschaftliche Probleme wegen des Missbrauchs illegaler Drogen, aber die Hysterie darüber ist abgeklungen, womit z. B. eine Entdämonisierung des Hasch-Rauchens, nach 70er-Jahre-Konsens noch "der gefährlichsten Einstiegsdroge", einherging.
Die Verbindung zwischen Drogenhandel und Terrorismus wäre leicht herzustellen (in einigen Fällen ist sie sogar nachgewiesen). Dennoch spielt das Thema "Drogen im Internet" bei Initiativen für mehr Kontrolle kaum eine Rolle, weder in den Medien, noch seitens der Politik oder der Interessenverbände. Einfach, weil der Hype schon lange "durch" ist.

Die Hysterie beim Thema "Kinderpornografie im Internet" konnte nur deshalb zum "moralischen Mainstream" eskalieren, weil die Selbstkontrolle der Medien versagte: die Behauptungen wurden praktisch nie nachgeprüft. Ein rein ökonomischer Vorgang: Die quotenträchtige, weil angstbesetzte Schlagzeilen wie "immer mehr Kinder-Pornografie im Netz" versprechen Nachfrage (verkaufte Auflage, Einschaltquote), Recherchen, die diese Behauptung schnell ad absurdum geführt hätte, unterblieben deshalb.

Donnerstag, 20. November 2008

Ich schätze Politiker, die Klartext reden

... die unmissverständlich sagen, was sie denken und was sie von Demokratie und Bürgerrechten wirklich halten.

Zum Beispiel Hans-Peter Uhl (CSU). Der sagt, was Sache ist und was er von Demokratie und Bürgerrechten wirklich hält:
"Mit diesem linken Gerülpse aus Sachsen lässt sich doch nichts anfangen."
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hans- Peter Uhl (CSU), in der "taz" zur Ablehnung des BKA-Gesetzes durch die sächsische SPD
tagesschau.de

Nachtrag: Ähnlich deftig-deutlich ist sein Parteifreund, der bayerische Innenminister Joachim Herrmann:
Es wäre eine Katastrophe für die Innere Sicherheit in Deutschland, wenn das BKA-Gesetz scheitern würde", sagte Herrmann der PNP. Alle, die das Gesetz jetzt blockierten, "müssen sich bewusst sein, dass sie im Fall eines Terroranschlages möglicherweise ein Stück Mitschuld auf sich laden."
pnp.de

Das aktuelle Gegenbeispiel ist Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Die behauptet gegenüber dem Hamburger Abendblatt:
Es gibt eine riesige Dunkelziffer. Es wird immer mehr über kommerzielle Websites verbreitet. Da werden Millionenbeträge verdient. Pornografische Videos, auf denen Kinder gequält und gefoltert werden, werden allein in Deutschland bis zu 50000-mal im Monat heruntergeladen.
Das wird schon seit Jahren behauptet. Aber es wird durch die Wiederholung nicht richtiger. Von hinten angefangen: die Zahl der Downloads von kinderpornographischen ist reine Mutmaßung, denn woher sollten die Ermittler das wissen? Die (kläglichen) Ergebnisse z. B. Operation Himmel - tausende Verdächtige, hunderte beschlagnahmte PC, praktisch keine Verdächtigen, bei denen es auch nur zur Anklage gereicht hätte, und es keine Verurteilungen - deuten in eine andere Richtung (hierzu bei Udos Lawblog: Aktion Himmel: Keine Verurteilungen, aber ein Erfolg).
Ebenso die erfreuliche Tatsache, dass Sexualdelikte gegenüber Kindern seit Jahren rückläufig sind und die Aufklärungsquote im Vergleich zu ähnlichen Straftaten sehr hoch ist (nachzulesen u. A. bei der Polizei NRW). "Kommerzielle Websites"? Kinderpornographie ist überall verboten. Daher kann ein Anbieter, der so dumm wäre, Kinderpornos auf einer Website anzubieten (was etwa mit einem Bankräuber vergleichbar wäre, der am Tatort seinen Personalausweis liegen ließe, denn eine Website kann nicht anonym sein), ohne weiteres belangt werden. Deshalb gibt es gar keine Kinderporno-Websites. Es geht bei "Kinderpornographie im Internet" um IRC oder um Filesharing.
Wir schließen die Datenautobahn der Kinderpornografie. Das BKA erstellt Listen der kinderpornografischen Websites.
Wenn es die gäbe, könnte jeder normale Besitzer eines Computers, der online gehen kann, zumindest den technisch Verantwortlichen binnen weniger Minuten ohne zusätzliche Software ausfindig machen. Womit man sich das Listen-Erstellen sparen und gleich den Staatsanwalt einschalten könnte. Aber weiter:
Jetzt sollen die Zugangsanbieter gesetzlich verpflichtet werden, die Listen zu beachten und solche Websites unverzüglich zu schließen. Der Kunde klickt an und läuft ins Leere – kein Anschluss unter dieser Nummer. Das ist technisch möglich, und es ist rechtlich möglich.
Im Klartext fordert sie also eine Art Zensur wie sie schon in Nordrhein-Westfalen in Hinblick auf Neonazi-Websites praktiziert wird: Die Regierung gibt den Providern vor, welche IP-Adressen zu sperren sind. Das Dumme ist nur, dass solche Sperren leicht zu umgehen sind. Die einzige Methode, die wirklich funktionieren würde, wäre eine Sperre mittels eines Zwangsproxys. Damit hätte wir aber ein "gleichgeschaltetes" Internet mit nahezu unbegrenzten Zensurmöglichkeiten.
Ich weiß nicht, ob die Ministerin sich dessen bewusst ist oder ob sie selbst manipuliert wird. Aus Bürgersicht ist das egal: gequälte Kinder werden instrumentalisiert, um Zensurmaßnahmen durchzudrücken.

In das selbe Horn stieß Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU): Glos will Gesetze gegen Internet-Kriminalität verschärfen. Er äußerte das auf dem "3. nationalen IT-Gipfel" in Darmstadt.

Aber auch dort gibt es Menschen, die Klartext reden. Wie der Präsident des Branchenverbandes BITKOM, August-Wilhelm Scheer:
Um die Branche zusätzlich zu beleben, forderte Scheer die beschleunigte Einführung eines elektronischen Personalausweises und einer elektronischen Gesundheitskarte. Dies biete der IT-Branche nicht nur ein Investitionsvolumen von rund acht Milliarden Euro, sondern sei bürgerfreundlicher und spare auch der öffentlichen Hand Kosten.

Nachtrag: Netzpolitik-Interview: Alvar Freude über Netzsperrungen.

Kindesmissbrauch: Zweifel an Leyens Internet-Sperren (Zeit-online)

Mittwoch, 19. November 2008

Zeitgeist

Die Zugriffsstatistik zeigt es: auf keinen Beitrag meines Senfblogs wurde so oft zugegriffen, wie auf Zeitgeist Weltverschwörung. Wobei das mehr dem Thema "Weltverschwörung" als dem von mir besprochene Film den Titel gebenden "Zeitgeist" geschuldet ist.

Wenn ich einen ähnlichen Film machen wollte - bei welchen Erscheinungen des "Zeitgeistes" wäre ich geneigt, nach irgendwelchen "Leuten hinter dem Vorhang" zu suchen? Wo juckt es mich, selbst Verschwörungstheorien zu spinnen?

Ein "verlockendes" aktuelles Beispiel ist das BKA-Gesetz. Rein theoretisch ist es schon im Bundesrat gescheitert, Breite SPD-Front gegen BKA-Gesetz oder etwas genauer bei netzpolitik unter dem leicht irreführenden Titel: Union im Bundesrat fast isoliert beim BKA-Gesetz. Besonders interessant sind die Bedenken der sächsischen SPD - sie lehnt wesentliche Teile des BKA-Gesetzes ab. Ein bisschen Umschreiben und Abschwächen nach Maßgabe des Vermittlungsausschusses des Bundestags würde da nichts nützen.
Wenn die SPD beinahe bundesweit dagegen ist, wieso halten die Innenexperten der SPD-Fraktion im Bundestag, von Dieter Wiefelspütz bis Sebastian Edathy, und natürlich auch Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier, so eisern am bürgerrechtsfeindlichen "Kompromiss" fest - so eisern, dass sich niemand sicher sein kann, dass die SPD in den Ländern nicht doch einknickt?

Als echter "V-Theoretiker" würde ich die Frage stellen: "Wem nützt es?" - Die Frage ist eindeutig zu beantworten: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Nicht nur trägt das Gesetz deutlich seine Handschrift, es räumt ihm eine außerordentliche Machtstellung ein: Das BKA-Gesetz führt nämlich dazu, dass in Terrorsachen das Bundeskriminalamt, also die Polizei, das Sagen hat - und damit die diesem vorgesetzte Behörde, das Bundesministerium des Inneren. Nicht mehr der Generalbundesanwalt, sondern Minister Schäuble führt künftig das entscheidende Wort. Und da nirgendwo genau definiert ist, was "Terrorismus" genau ist, wäre Schäuble de facto der mächtigste Mann Deutschlands. Als Verschwörungsfan würde ich irgend etwas finsteres in den Hinterzimmern des Bundestages vermuten - etwa, dass Schäuble und sämtliche gleichgesinnte Sicherheitspolitiker von einer Gefahr wissen, die unbedingt geheim gehalten werden muss, aber ungeheure Ausmaße hat - von Umfang der Angst, die Schäuble erkennen lässt, müsste es eine Bedrohung in der Größenordnung eines Asteroideneinschlag sein ...

Und noch etwas: Ist es denn noch niemandem aufgefallen, dass im den Asteroiden-Einschlags-Filmen "Deep Impact" und "Armageddon" der Präsident der USA ein Schwarzer ist? Worauf will man uns schonend vorbereiten?!? - Ich sehe zwar den Zusammenhang nicht ganz, und verstehe auch nicht, was Total-Überwachung und Bundeswehreinsatz im Inneren gegen den Asteroiden helfen sollen, aber Schäuble wird schon wissen, was er tut.
Man muss unseren Sicherheitsexperten einfach vertrauen. (Sonst stellen sie einen sofort unter Terrorverdacht.)

Mittwoch, 12. November 2008

Journalisten? Stören doch nur den Betrieb ...

"Wenn man sich anschaut, wer überall mit Journalistenausweis herumläuft: Dafür kann man nicht die Schranken öffnen." Außerdem schließe das Gesetz "eine bestehende Lücke im Sicherheitssystem".
(Das war übrigens die Stellungnahme der SPD zum Thema: Quellenschutz für die Presse in Hinblick auf die Online-Überwachung.)

Zeit online: Innenausschuss nickt Onlinedurchsuchung ab

Nachtrag: Hans Leyendecker beschreibt auf sueddeutsche.de welche Folgen fehlender Informantenschutz hat: Mehr als 30 Jahre blieb geheim, wer die Watergate-Affäre aufdecken half. Hätte es in den USA ein BKA-Gesetz gegeben, hätten Bob Woodward und Carl Bernstein ihren Informanten kaum schützen können.

Nur zur Erinnerung: es kann jeden betreffen

Heute wird der Bundestag das BKA-Gesetz verabschieden. Auch wenn z. B. Jörg Schönbohm, Innenminister in Brandenburg, meint, die im Gesetz vorgesehenen Regelungen - zu denen z. B. die "visuelle Wohnraumüberwachung", also Kameras, die das BKA legal heimlich in Wohnungen einsetzen darf, gehört - würde nur in seltenen Fällen angewendet - die Erfahrung spricht dafür, dass das, was gemacht werden darf, auch gemacht wird. Man sehe sich z. B. die britischen Umgang mit angeblich zur Terrorismusabwehr geschaffenen Gesetzen an. Zum Beispiel wurde, um das Vermögen der isländischen Bank Landsbanki in Großbritannien einzufrieren, kurzerhand auf ein Antiterrorgesetz zurückgegriffen. Das RIPA-Gesetz hält dafür hin, dass versteckte Überwachungskameras angebracht, um Täter in flagranti zu erwischen - Täter, die z. B. ihren Müll falsch entsorgen, falsch parken oder illegal Pizza verkaufen. (Man soll sich keine Illusionen darüber machen, dass das in Deutschland anders wäre.)

Wie niedrig schon jetzt die Schwelle ist, ab der ein Mensch in "Terrorismusverdacht" geraten kann, zeigt aktuell der Fall "Bomben-Burks" - beim bekannten Journalisten Burkhard “Burks” Schröder wurde die Wohnung durchsucht und der Rechner beschlagnahmt - Grund (bzw. Vorwand): ein uralter Beitrag über Sprengchemie in seinem Blog, der auch nur kopiert war - das sei ein Verstoß gegen das Waffengesetz. (Demnach würden auch viele Chemielehrbücher gegen das Waffengesetz verstoßen - aber die stehen ja nicht im pösen, pösen Internetzdingens da.)

Nachtrag: Ein "schönes" Beispiel für die Auslegung der Anti-Terror-Gesetze in Großbritannien The dustbin Stasi
Half of councils use anti-terror laws to watch people putting rubbish out on the wrong day
(Dank an Björn.)

Freitag, 7. November 2008

Ist alles nicht schlimm .... oder?

Es ist schon bemerkenswert, was so alles von Bundestag - der größten Koalition aller Zeiten sei dank - an bürgerrechtsfeindliche Gesetzen "durchgewunken" wird - typischerweise unter Verweis auf EU-Ministerratsbeschlüsse, die zuvor unter Mitwirkung der deutschen Regierung beschlossen wurden. Zuletzt eine Novelle des § 184c StGB, der die Rechtssicherheit reduziert Scheinjugendliche und Scheinkinder - und, wenn alles "planmäßig" läuft, nächste Woche ein neues BKA-Gesetz das, neben dem sattsam bekannten "Bundestrojaner" (den ich für eine Mischung aus Bluff seitens des BKA und Wunschdenken seitens des Innenministers halte) solche netten Sachen wie z. B. die "visuelle Wohnraumüberwachung" enthält, gegen die der "Nacktscanner", über den sich so viele aufregen, wie ein ärgerlicher, aber harmloser Spanner anmutet. Davon, dass damit der bewährte Grundsatz der Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten aufgehoben und faktisch eine Geheimpolizei geschaffen wird, ganz zu schweigen.
Zeit.de: BKA Gesetz: Onlinedurchsuchung auf dem kurzen Dienstweg, tagesschau.de: Ex-Innenminister Baum will gegen BKA-Gesetz klagen.

change
(Bundesregierung inspired by Obama geklaut bei Zenzizenzizenzic.de.)

Bisher vermutete ich übrigens, dass niemand wirklich das "Argument": "Wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchtet" glauben würde - bis sich denn wirklich ein Strohkopf fand, der genau so absurd "argumentierte" - und zwar ausgerechnet als Kommentar bei Sven Scholz: Sechsmal werden wir noch wach, heißa dann ist STASI-Tach!

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