Warum Polit-Possen von der Waterkant -
bzw. ca. 80 km Luftlinie von der See entfernt?
Im Allgemeinen blogge ich nicht über Hamburgische Landespolitik - weil ich außer langweiligen "Me too"-Beiträgen wenig dazu beitragen könnte, das nicht längst bei magerfettstufe - category: Waterkant stehen würde.
Deshalb erhebe ich mich anläßlich der neuesten Tragikomödie lieber auf die abstrakte Ebene und frage: Warum ausgerechnet in Hamburg?
Vorangestellt sei die Bemerkung, dass "Politpossen" keine Spezialität der Hamburgischen SPD sind: Den dickster Klopfer leistete sich die CDU, als 1993 das Hamburgische Verfassungsgericht die Bürgerschaftswahl von 1991 aufgrund undemokratischer Kandidatenaufstellungen der CDU Hamburgs für ungültig erklärte.
Ihren Affärenreichtum verdankt die Hamburger Politik einer Besonderheit, die sie mit Berlin und Bremen teilt: beim Stadtstaat Freie und Hansestadt Hamburg handelt es sowohl um eine Großstadt als auch um ein Bundesland handelt. Die Folge: Hamburger Politik dreht sich dementsprechend von Details der Kommunalpolitik bis hin zum bundespolitischen Einfluss des Landes durch den Bundesrat. Daraus folgt: kommunalpolitischer Hickhack, einschließlich der kleinen schmierigen Intrigen, Klügeleien und Eifersüchtelien, die auf der untersten politischen Ebene so üblich sind, erhält unter gar nicht so seltenen Umständen bundespolitische Relevanz. (Nur Berlin kan es in dieser Hinsicht mit Hamburg aufnehmen, Bremische Affären bleiben meistens überregional unbeachtet. Es sei denn, sie sind richtig skandalös.)
Eine echte Hamburger Spezialität ist der schnelle Aufstieg und das noch schneller Verschwinden populistischer Parteien. An die STATT Partei DIE UNABHÄNGIGEN des ehemaligen CDU Rebellen Markus Wegner, die von 1993 bis 1997 mit der SPD kooperierte, können sich vermutlich nur wenige erinnern - so blaß bleiben "die Grauen", wie sie in Anspielung auf die Farbe ihrer Wahlplakate genannt wurden, im politische Tagesgeschäft.
In schlechter Erinnerung ist die "Partei Rechtstaatliche Offensive" (PRO) besser bekannt als "Schill Partei". Der als "Richter Gnadenlos" bekannte Rechtpopulist Ronald Barnabas Schill schaffte es - nicht zuletzt dank seiner Medienpräsenz und seiner im Stil eines windigen Gebrauchtwagenhändlers präsentierten vollmundigen Versprechen - praktisch das ganze rechtskonservative, rechtsradikale und teilweise sogar rechtsextreme Wählerpotenzial - erschreckende 19,4 % - zu mobilisieren. Zum Glück entpuppte sich Schill schnell als Großmaul, Intrigant, Heuchler und Totalversager.
Ich vermute, die Neigung zur "Prostestwahl" ist teilweise darauf zurückzuführen, dass sich die etablierten Hamburgischen Parteien einschließlich GAL (die Hamburger Grünen) in ihrem Profil noch weniger Unterscheiden als auf Bundesebene. Rechnet man den großstadtypischen Filz hinzu, ist es nicht verwunderlich, wenn "die da im Rathaus" oft als politischer Einheitsbrei gesehen werden, als de facto All-Parteien-Klüngel-Koalition. Wieso das Potestpotenzial bisher immer zugunsten rechter Gruppen ausgewirkt hat? Fragt mal die notorisch zerstrittene Linke ...
Eine weitere Hambumger Spezialität, die teilweise mit der poltischen Struktur der Stadt, teilweise mit einer überkommenen politischen Kultur zusammenhängt, ist die Liebe zum kleinen Karo. Je kleinkarierten die Bedenken und Sonderinteressen sind, desto größer die Wirkung. Legendär ist die Hamburger Veranstaltungs- und Sporthalle, die über 50 Jahre lang geplant wurde, bis sie dann überraschenderweise doch in Gestalt der Color-Line-Arena errichtet wurde. (Gesponsort von einer Rederei - auch hamburgische Tradition.)
Womit wir beim starken Einfluß "der Wirtschaft" auf die Hamburger Politik wären. Aber das ist in anderen Städten nicht viel anders.
Als Kontrastprogramm zum kleinen Karo setzt die Regierung von Beust auf großspurige "Leuchtturmprojekte" und einen ordentlichen Schuß Großmannsucht - bei gleichzeitiger Vernachlässigung lästiger Alltagspolitik.
Die Kontollfunktion der "vierten Staatsgewalt", der Presse, kann man ausgerechnet in der Medienhochburg Hamburg vergessen: der regionale Tageszeitungsmarkt ist fest in den Händer der Axel-Springer AG. Kritische Töne zur Hamburger Politik im Allgemeinen und zur Regierung von Beust im Besonderen sind aus dieser Richtung kaum zu erwarten. Das "Hamburger Abendblatt" mutierte in den letzten Jahren zum Hamburger Senatsblatt - erst neulich wurden die schikanösen und auch für die "Abenblatt"-Redaktion skandalösen Praktiken der Hamburger Ausländerbehörde mit den Worten, Innensenator Nagel hätte seine Behörde wohl nicht richtig im Griff "kritisiert". Tatsächlich wären die Schikanen und Machtspielchen der Behördenmitarbeiter ohne die von Nagel ausdrücklich angeordnete "harte Linie" kaum vorstellbar.
Ebenfalls recht zahnlos präsentieren sich die vielenDudelfunker Radiosender, egal, ob öffentlich-rechlich oder privat. Aber das ist keine Hamburger Spezialität - im Gegensatz zum FSK, dem örtlichen freien Radioprogramm. Leider und hamburg-typisch: Zwischen den Radiogruppen des FSK kommt es immer wieder zu Streitereien, die sich teilweise auch im Programm bemerkbar machen. Aber es ist nicht leicht, ein politisches Spektrum unter einen Hut zu bekommen, das breiter sein dürfte, als das der "Rathausparteien". Außerdem gilt das FSK (leider machmals zurecht) als extrem links, das heißt, es wird von den meisten Bürgen schlicht ignoriert.
Was, das ist bei Euch auch nicht viel anders? Ja, der entscheidende Faktor bei den "Hamburger Verhältnissen" ist wohl, das Metropolen die Strukturen, die anderswo nicht auffallen, wie eine Lupe verdeutlichen.
Im Allgemeinen blogge ich nicht über Hamburgische Landespolitik - weil ich außer langweiligen "Me too"-Beiträgen wenig dazu beitragen könnte, das nicht längst bei magerfettstufe - category: Waterkant stehen würde.
Deshalb erhebe ich mich anläßlich der neuesten Tragikomödie lieber auf die abstrakte Ebene und frage: Warum ausgerechnet in Hamburg?
Vorangestellt sei die Bemerkung, dass "Politpossen" keine Spezialität der Hamburgischen SPD sind: Den dickster Klopfer leistete sich die CDU, als 1993 das Hamburgische Verfassungsgericht die Bürgerschaftswahl von 1991 aufgrund undemokratischer Kandidatenaufstellungen der CDU Hamburgs für ungültig erklärte.
Ihren Affärenreichtum verdankt die Hamburger Politik einer Besonderheit, die sie mit Berlin und Bremen teilt: beim Stadtstaat Freie und Hansestadt Hamburg handelt es sowohl um eine Großstadt als auch um ein Bundesland handelt. Die Folge: Hamburger Politik dreht sich dementsprechend von Details der Kommunalpolitik bis hin zum bundespolitischen Einfluss des Landes durch den Bundesrat. Daraus folgt: kommunalpolitischer Hickhack, einschließlich der kleinen schmierigen Intrigen, Klügeleien und Eifersüchtelien, die auf der untersten politischen Ebene so üblich sind, erhält unter gar nicht so seltenen Umständen bundespolitische Relevanz. (Nur Berlin kan es in dieser Hinsicht mit Hamburg aufnehmen, Bremische Affären bleiben meistens überregional unbeachtet. Es sei denn, sie sind richtig skandalös.)
Eine echte Hamburger Spezialität ist der schnelle Aufstieg und das noch schneller Verschwinden populistischer Parteien. An die STATT Partei DIE UNABHÄNGIGEN des ehemaligen CDU Rebellen Markus Wegner, die von 1993 bis 1997 mit der SPD kooperierte, können sich vermutlich nur wenige erinnern - so blaß bleiben "die Grauen", wie sie in Anspielung auf die Farbe ihrer Wahlplakate genannt wurden, im politische Tagesgeschäft.
In schlechter Erinnerung ist die "Partei Rechtstaatliche Offensive" (PRO) besser bekannt als "Schill Partei". Der als "Richter Gnadenlos" bekannte Rechtpopulist Ronald Barnabas Schill schaffte es - nicht zuletzt dank seiner Medienpräsenz und seiner im Stil eines windigen Gebrauchtwagenhändlers präsentierten vollmundigen Versprechen - praktisch das ganze rechtskonservative, rechtsradikale und teilweise sogar rechtsextreme Wählerpotenzial - erschreckende 19,4 % - zu mobilisieren. Zum Glück entpuppte sich Schill schnell als Großmaul, Intrigant, Heuchler und Totalversager.
Ich vermute, die Neigung zur "Prostestwahl" ist teilweise darauf zurückzuführen, dass sich die etablierten Hamburgischen Parteien einschließlich GAL (die Hamburger Grünen) in ihrem Profil noch weniger Unterscheiden als auf Bundesebene. Rechnet man den großstadtypischen Filz hinzu, ist es nicht verwunderlich, wenn "die da im Rathaus" oft als politischer Einheitsbrei gesehen werden, als de facto All-Parteien-Klüngel-Koalition. Wieso das Potestpotenzial bisher immer zugunsten rechter Gruppen ausgewirkt hat? Fragt mal die notorisch zerstrittene Linke ...
Eine weitere Hambumger Spezialität, die teilweise mit der poltischen Struktur der Stadt, teilweise mit einer überkommenen politischen Kultur zusammenhängt, ist die Liebe zum kleinen Karo. Je kleinkarierten die Bedenken und Sonderinteressen sind, desto größer die Wirkung. Legendär ist die Hamburger Veranstaltungs- und Sporthalle, die über 50 Jahre lang geplant wurde, bis sie dann überraschenderweise doch in Gestalt der Color-Line-Arena errichtet wurde. (Gesponsort von einer Rederei - auch hamburgische Tradition.)
Womit wir beim starken Einfluß "der Wirtschaft" auf die Hamburger Politik wären. Aber das ist in anderen Städten nicht viel anders.
Als Kontrastprogramm zum kleinen Karo setzt die Regierung von Beust auf großspurige "Leuchtturmprojekte" und einen ordentlichen Schuß Großmannsucht - bei gleichzeitiger Vernachlässigung lästiger Alltagspolitik.
Die Kontollfunktion der "vierten Staatsgewalt", der Presse, kann man ausgerechnet in der Medienhochburg Hamburg vergessen: der regionale Tageszeitungsmarkt ist fest in den Händer der Axel-Springer AG. Kritische Töne zur Hamburger Politik im Allgemeinen und zur Regierung von Beust im Besonderen sind aus dieser Richtung kaum zu erwarten. Das "Hamburger Abendblatt" mutierte in den letzten Jahren zum Hamburger Senatsblatt - erst neulich wurden die schikanösen und auch für die "Abenblatt"-Redaktion skandalösen Praktiken der Hamburger Ausländerbehörde mit den Worten, Innensenator Nagel hätte seine Behörde wohl nicht richtig im Griff "kritisiert". Tatsächlich wären die Schikanen und Machtspielchen der Behördenmitarbeiter ohne die von Nagel ausdrücklich angeordnete "harte Linie" kaum vorstellbar.
Ebenfalls recht zahnlos präsentieren sich die vielen
Was, das ist bei Euch auch nicht viel anders? Ja, der entscheidende Faktor bei den "Hamburger Verhältnissen" ist wohl, das Metropolen die Strukturen, die anderswo nicht auffallen, wie eine Lupe verdeutlichen.
MMarheinecke - Donnerstag, 8. März 2007
Trackback URL:
https://martinm.twoday-test.net/stories/3414363/modTrackback