Vollmond

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Unter dem Vollmond "leiden" viele Menschen. Darunter z. B. Karan. Was irgendwie erstaunlich ist, denn statistisch lassen sich Mondeinflüsse nicht erhärten: weder gibt es bei Vollmond mehr Geburten, noch mehr Amokläufer, noch mehr Unfälle, noch bluten Wunden heftiger, selbst Schlafstörungen nehmen bei Vollmond nicht signifikant zu, noch hängen die Mondphasen mit dem weiblichen Monatszyklus zusammen. Selbst das Licht des Vollmondes ist, von der Lichtstärke her, viel zu schwach, um den Schlaf stören zu können.

Der Mondeinfluß ist also ein Mythos - sagt "die Wissenschaft". (Bzw. das ist das herschende Paradigma, das der wissenschaftlichen Theoriebildung zugrunde liegt. Ja, ich weiß, der Kuhn hat sich später teilweise von diesem Begriff verabschiedet ... )

Ein Mythos in doppelter Wortbedeutung - sage ich. Die Mythen um den Vollmond haben uns etwas zu sagen, aber man solte sich hüten, diese Mythen wörtlich zu nehmen.

Wie der Mythos vom Werwolf. Der verrät uns vieles über unsere Natur, sowohl unsere innere Natur, wie die Art und Weise, wie wir in die äußere Natur eingebunden sind.
Nimmt man ihn wörtlich, schlägt dieser Mythos in Aberglauben um. Dann müßte man die arme Karan, wie ich es scherzhaft vorschlug, in Vollmondnächten im Keller anketten, bei Wasser und Hundefutter.

Ob der Vollmond wirklich den Schlaf stört, ist immer eine Frage der subjektiven Wahrnehmung.

Auf ein ziemlich groteskes Beispiel einer subjektiven Wahrnehmung - man kann auch sagen: einer durch Vorurteile und Klischees verzerrten Wahrnehmung - stieß ich vor einiger Zeit in der Blogosphäre. Interessanterweise hat es mit einem entfernt werwolfsähnlichen Wesen zu tun:
harmloser Schäferhund
Wenn die Ansicht jenes Bloggers über jenes Blog, bei dem auch ich mitblogge stimmen würde, könnte allenfalls eine Art Werwolfverwandlung mein dortiges Mitbloggen erklären. Schließlich bin ich weder FDP-Wähler noch "Neoliberaler" (im Sinne von "Turbokapitalist") geschweige FDP-Mitglied oder Westerwelle-Fan. Trifft, wenn ich's recht bedenke, auf keinen B.L.O.G.ger voll und ganz zu. Gibt da ja sogar einen echten Sozi. Und ein paar Ex-Grüne. Und so ´nen komischen irgendwie Linksliberalen mit leicht anarchistischen Zügen und einer Schwäche für Basisdemokratie und Selbstorganisation und dem Hang, sich zwischen alle Stühle zu setzen - eben mich.

Oder drücken wir es mal so aus: wenn 37.6 recht hat, bin ich ein *atemstock* ....
... Wer-Westerwelle! (Guuuiiiiiiiidooooooo!)
Karan (Gast) - 8. Dez, 02:00

So wirklich kann ich mir das auch nicht erklären... habe es vor langen Jahren durch einen Zufall rausgefunden, als ich mal verreist war und dann eines Nacht in sehr unpäßlicher Befindlichkeit durch die unbekannte Wohnung geisterte. Dort gab es ein riesiges Fenster, und da hinein schien der dicke, runde Vollmond (in mein Zimmer übrigens nicht). Dann habe ich begonnen, die Sache zu beobachten, mit gehöriger skeptischer Distanz übrigens, aber sie hat sich voll bestätigt. Wobei die Heftigkeit der "Zustände" schwankt - aber schlecht schlafen tu' ich um Vollmond herum eigentlich immer.

Was aber wirklich mit dem Mondstand zusammenhängt (das weiß ich von Dithmarscher Bauern, die es über Jahrzehnte beobachtet haben) ist die unterschiedliche Intensität der Flutstände.

Ja, und jetzt kann ich schon wieder nicht schlafen, obwohl der Vollmond vorbei ist, aber das hat andere Gründe... :-)

Köppnick - 8. Dez, 21:50

Lesetipp

Ich kann das Buch "Das sockenfressende Monster in der Waschmaschine. Eine Einführungs ins skeptische Denken" empfehlen. Selbstverständlich hat der Mond großen Einfluss auf den Menschen! Zum Beispiel bleiben Hobbyastronomen bei Vollmond signifikant häufiger als bei Neumond zu Hause.

Ansonsten empfehle ich eine Doppelblindstudie zum Test des Einflusses des Mondes auf den Menschen: Man entferne den Mond, täusche ihn aber den Menschen durch eine riesige beleuchtete Pappscheibe vor und erzähle auf keinen Fall den Pappscheibenträgern, dass sie nicht den Mond, sondern eine riesige beleuchtete Pappscheibe übers Firmament ziehen. Dann mache man eine statistisch aussagekräftige Umfrage. Um auch hier die Doppelblindheit zu gewährleisten, dürfen weder die Fragesteller noch die Beantwortenden die Fragen kennen. Sie sollen einfach ihrer Kreativität freien Lauf lassen und an den letzten Vollmond denken.

MMarheinecke - 9. Dez, 14:15

Das Buch Bördleins kenne ich schon ...

... und ich sehe es mit einer gehörigen Portion Skepsis. (Ich gehöre zu den Typen, die z. B. das "Lexikon der populären Irrtümer" auf Irrtümer abklopfen. )
Mal ein Beispiel - sogar eines, das auch Bördlein bringt: Der populäre Irrtum sagt: Kalkutta liegt am Ganges. Stimmt nicht, denn Kalkutta liegt gut 100 km vom eigentlichen Ganges entfernt, an einem Seitenarm, der Hugli heißt. Auf der Landkarte.
Nun kenne ich eine Bengalin (sie legt wert darauf, nicht einfach nur eine Inderin zu sein) aus Kalkutta - oder eigentlich Kalkata. (Um die Verwirrung komplett zu machen, heißt der Ort offiziell seit 2001 Kolkata - dass "offene a" wurde kurzerhand zum "o".)
Also, sie sagte mir, dass ihre Heimatstadt Kalkata doch am Ganges liegen würde. Für die meisten Kalkatanis - gehört der Hugli einfach zum heiligen Strom, "Mutter Ganges" dazu, schließlich ist er der westliche Mündungsarm des Ganges - und man würde sowieso nur vom "dem Fluß" - Bengali "ganga"- reden.

Warum die Abschweifung? Weil es zwischen "stimmt" und "stimmt nicht" in vielen Fragen des praktischen Lebens eine "Wahrheit dazwischen" gibt - "Kalkutta liegt am Ganges" - "Das ist nicht ganz richtig, es liegt an einem Mündungsarm des Ganges namens Hugli, der nach Aufassung der Einheimischen Teil des Ganges ist."

Übrigens meinte meine Bekannte, dass der erstaunliche Aufstieg der indischen Software-Industrie läge unter Anderem daran, dass indische Programmierer einfach besser mit der Fuzzy-Logik zurechtkämen, als europäische ("europäische" schließt aus ihrer Sicht Nordamerikaner ein - "kulturelle Europäer").

Fuzzy-Computersysteme verarbeiten gegenüber den üblichen klassich binären Systemen nicht nur Werte wie JA und NEIN (bzw. AN und AUS oder 1 und 0), sondern zusätzlich auch Zwischenwerte (Wahrheitswerte) zwischen WAHR (=1) und FALSCH (=0), damit auch unscharfe Angaben wie EIN BISSCHEN, ZIEMLICH oder STARK mathematisch behandelt werden können.

Während Europäer damit im Alltagsleben gut zurecht kämen, würden sich europäischen Mathematiker / mathematisch geschulte Menschen damit sehr schwer tun. Weshalb auch so viele bahnbrechende Erkenntnisse der Mathematik und der theoretischen Physik von Indern gemacht würden. Der durchschnittliche Europäer ist mehr oder weniger in der Sackgasse der zweiwertigen Logik gefangen.
Köppnick - 9. Dez, 15:47

ich glaube, die Bedeutung von Bördleins Buch liegt auch nicht darin, dass oder ob alle Beispiele von ihm korrekt sind. Ich habe ihn zum Beispiel auf einen Rechenfehler bei der gravitativen Anziehungekraft einer Stubenfliege hingewiesen (stammt aus dem Mondkapitel, darum hatte ich das auch sofort parat, und wurde von ihm ohne eigenes Nachrechnen aus dem amerikanischen Skeptiker-Magazin übernommen, es war offenbar ein Übersetzungsfehler). Aber die aufgezeigte skeptische Arbeitsmethode ist sehr nützlich.

Die HKL (Hauptkampflinie) der Skeptiker ist seit Jahren die Homöopathie. (Manche) Homöopathie ist wirksam und nicht alle Ergebnisse können sofort auf Psychologie zurückgeführt werden. Hier gilt dann einer seiner Standardsätze: "Ist die Hoöopathie so wirksam, wie beschrieben, dann ist die heutige Physik unvollständig."
MMarheinecke - 9. Dez, 16:30

Um die Korrektheit der Einzelbeispiel geht es mir nicht

sondern um den Denkstil vieler (ich behaupte mal "der meisten" )Skeptiker.
"Ist die Hoöopathie so wirksam, wie beschrieben, dann ist die heutige Physik unvollständig" ist zwar eine sinnvolle Aussage, aber eine, der ich z. B. nicht zustimmen würde. Homöopathie ist möglicherweise wirksam (über Placeboeffekt usw. hinnaus) und die heutige Physik ist möglicherweise unvollständig. Aber ich bin mir sicher, dass Homöophatie wirken kann, ohne das neue Naturgesetze postuliert werden müssen.
Köppnick - 9. Dez, 21:06

Und wie?

Wenn wir einen Placebo-Effekt ausschließen (Psychologie) und ein Medikamentenwirkstoff so verdünnt wurde, dass sich kein einziges Wirkmolekül mehr in der Flasche befindet (Chemie) und Wasser kein Gedächtnis hat (Physik), auf welcher naturwissenschaftlichen Grundlage wirkt dann das Medikament?

An der Universität in Leipzig wurde folgende Untersuchung durchgeführt: Es wurde ein Medikament zur Ankurbelung der Darmperistaltik in homöopathischer Verdünnung hergestellt, und zwar gemäß der "reinen Lehre", d.h. durch Handmischung und Aufstoßen der Mischgläser. Das Medikament wurde an Rattendärmen im Reagenzglas angewendet und es führte zu einer statistisch signifikanten Beschleunigung der Darmperistaltik.

Zwei Randbedingungen sind noch wichtig: 1. Ein durch Schütteln im selben Verhältnis verdünntes Medikament wirkte nicht. 2. Die durchführende Professorin für Pharmakologie wollte die Wirkungslosigkeit von Homöopathie beweisen und hat ganz sicher alle experimentellen Standards (zum Beispiel zur Reinheit der Mischgefäße) eingehalten.

Einzige Schlussfolgerung (wenn man nicht der originalen Argumentation der Homöopathen Glauben schenken mag): In unserer Kenntnis der Naturgesetze klafft an dieser Stelle ein gewaltiges Loch. Natürlich bin ich davon überzeugt, dass es eine naturgesetzliche Erklärung gibt und die Wirkungssphäre der Materie kausal geschlossen ist, schließlich bin ich kein Dualist. Aber ich kenne sie nicht, und ein anderer auch nicht.

Ehrlich gesagt wäre es mir am liebsten, wenn man tatsächlich Homöopathie vollständig auf Psychologie zurückführen könnte. Weil Medizin keine Naturwissenschaft sondern ein Handwerk ist, alles ist erlaubt, was schee macht. Aber derzeit sieht es nicht danach aus.
MMarheinecke - 10. Dez, 14:56

Nein, den Placeboeffekt schließe ich nicht aus - ich begreife ihn sogar umfassender, als "nur" als ein psychologische Effekt. Ich weis, dass ich mich damit auf dünnes Eis begebe, von wegen "magischen Denken" und so, aber ich bin durchaus der Ansicht, dass "Willen" (Motivation, Wahrnehmungsstruktur) die "Realität" beeinflußt. Die Schwierigkeit ist allerdings, das so in Worte zu fassen, dass dabei kein Esoterik-Geschwafel herausommt. Die notwendige physikalische Grundlage ist längst vorhanden, mindestens seit der "Kopenhagener Deutung" der Quantenmechanik. (Noch interessanter sind noch die Überlegungen Wolfgang Paulis - das geht schon in die Richtung, die man in der Renaissance "natürliche Magie" genannt hatte.)
Das es tatsächlich einen Unterschied macht, ob einfach im Rührwerk verdünnt oder streng nach homöophatischer Vorschrift verschüttelt wird, weißt schon in die von mir skizzierte Richtung des Denkens.
Um mal drei Schlagworte in den Raum zu werfen: erweiterter Kausalitätsbegriff, nicht-aristotelische Logik und nicht-lineare Zeitauffassung. Alles in bester Übereinstimmung mit den psysikalischen Gesetzmäßigkeiten (seit Plank und Einstein sogar in besserer als die in unseren Kulturkreis übliche), und sogar in guter Näherung zum kritischen Realismus.(Auch wenn die meisten Skeptiker z. B. in der GWUP darüber glatt die Köpfe schütteln würden.)
Köppnick - 10. Dez, 22:17

Kopenhagener Deutung

Die Kopenhagener Deutung, die häufig so ausgelegt wird, als ob ein "bewusster" Beobachter das Messergebnis beeinflusst, gilt als überholt. Tatsächlich ist es so, dass die Wechselwirkung mit der Beobachtungsapparatur die beobachteten Teilchen in einen konkreten Zustand zwingt und damit die Superposition aller möglichen Zustände beendet. Aber zwei Tatsachen sind dabei unumstößlich:
  1. Vom Standpunkt des Beobachters ist das Ergebnis absolut zufällig.
  2. Vom Standpunkt des Beobachteten erfolgt die Festlegung erst zum Zeitpunkt der Beobachtung, es gibt keine "verborgenen Variablen".
Hier wurden die dafür notwendigen Experimente, wie ich hoffe, einigermaßen verständlich beschrieben. Meiner Meinung nach bietet die heutige Quantenphysik keine Grundlage, um Homöopathie & Co. zu erklären. Und sie gibt auch keinerlei Möglichkeit, irgendeine bewusste Einflussnahme auf Vorgänge zu postulieren.

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