Religion - ein moralischer Kompass?
Viele religiöse Menschen sind der Ansicht, dass es ohne Religion, ohne das Befolgen göttliche Gebote, kein moralisches Handeln gäbe. Wir bräuchten die Religion, um der Lasterhaftigkeit unsere Natur Zügel anzulegen.
Ein kleiner Einwand: Leider unterscheidet der Artikel nicht zwischen "ethischem Handeln" und "moralischem Handeln". Das überrascht nicht, weil da im alltäglichen (und oft selbst im philosophischen) Sprachgebrauch die Begriffe Ethik und Moral gern als Synonyme verwendet werden.
In der Moral geht es um die subjektive Wertigkeit von Menschen vor dem Hintergrund vermeintlich vorgegebener metaphysischer Beurteilungskriterien (gut und böse). Ein Beispiel für einen moralischen Maßstab mit religiöser Begründung sind die "10 Gebote". In der Ethik hingegen geht es um die objektive Angemessenheit von Handlungen anhand intersubjektiv festgelegter und immer wieder neu festzulegender Spielregeln (fair oder unfair). Ein Beispiel für ein ethisches Gebot ist die Wicca-Rede: "Tu, was Du willst, aber schade niemanden". (Wobei "Tu was du willst" übrigens nicht heißt: "Mach, wozu Du gerade Lust hast.") Interessanterweise ist die "goldene Regel" der Ethik: "Was Du nicht willst, dass man es Dir antut, das füge keinem anderen zu" in allen Zivilisationen zu finden.
Die "Ganovenehre" mancher krimineller Vereinigungen, z. B. der Mafia, ist notwendigerweise weitgehend unethisch (es wird anderen Menschen absichtlich geschadet), kann aber hochgradig moralisch sein.
Die Internet-Studie untersuchte m. E. weniger das moralische als das ethische Empfinden.
(Fund via fdog)
Betrachten Sie die folgenden drei Situationen. Ersetzen Sie für jedes von ihnen die Leerstelle durch „Pflicht“, „zulässig“ oder „verboten“.Der ganze extrem spannende Artikel: Gottlose Moral
1. Ein außer Kontrolle geratener Güterwaggon ist kurz davor, fünf auf den Gleisen befindliche Personen zu überrollen. Ein Eisenbahnarbeiter steht neben einem Schalter, mit dem er den Waggon auf ein Nebengleis verschieben kann. Dabei würde eine Person getötet, die fünf anderen jedoch würden überleben. Das Umlegen des Schalters ist _______.
2. Sie kommen an einem flachen Teich vorbei, indem gerade in kleines Mädchen ertrinkt. Sie sind die einzige andere Person in der Nähe. Falls Sie das Mädchen aufheben, wird es überleben, aber Ihre Hosen sind ruiniert. Das Kind aufzuheben ist _______.
3. Fünf Menschen wurden gerade in kritischem Zustand in ein Krankenhaus eingeliefert. Jeder von ihnen benötigt eine Organtransplantation, um zu überleben. Die Zeit reicht nicht aus, um die betreffenden Organe von außerhalb des Krankenhauses anzufordern, aber im Wartezimmer des Krankenhauses befindet sich ein Gesunder. Falls der Chirurg dessen Organe entnimmt, so wird er sterben, aber die Fünf auf der Intensivstation werden überleben. Die Entnahme der Organe der gesunden Person ist _______.
Falls Sie Fall 1 als zulässig, Fall 2 als Pflicht und Fall 3 als verboten bewertet haben, so urteilen Sie wie jene 1500 Teilnehmer aus aller Welt, die sich im Rahmen unseres Internettests zum Moralempfinden (https://moral.wjh.harvard.edu/) zu diesen Dilemmata geäußert haben. Wäre die Moral Gottes Schwert, so müssten Atheisten diese Fälle anders beurteilen als religiöse Menschen, und ihre Antworten müssten auf anderen Begründungen beruhen.
Ein kleiner Einwand: Leider unterscheidet der Artikel nicht zwischen "ethischem Handeln" und "moralischem Handeln". Das überrascht nicht, weil da im alltäglichen (und oft selbst im philosophischen) Sprachgebrauch die Begriffe Ethik und Moral gern als Synonyme verwendet werden.
In der Moral geht es um die subjektive Wertigkeit von Menschen vor dem Hintergrund vermeintlich vorgegebener metaphysischer Beurteilungskriterien (gut und böse). Ein Beispiel für einen moralischen Maßstab mit religiöser Begründung sind die "10 Gebote". In der Ethik hingegen geht es um die objektive Angemessenheit von Handlungen anhand intersubjektiv festgelegter und immer wieder neu festzulegender Spielregeln (fair oder unfair). Ein Beispiel für ein ethisches Gebot ist die Wicca-Rede: "Tu, was Du willst, aber schade niemanden". (Wobei "Tu was du willst" übrigens nicht heißt: "Mach, wozu Du gerade Lust hast.") Interessanterweise ist die "goldene Regel" der Ethik: "Was Du nicht willst, dass man es Dir antut, das füge keinem anderen zu" in allen Zivilisationen zu finden.
Die "Ganovenehre" mancher krimineller Vereinigungen, z. B. der Mafia, ist notwendigerweise weitgehend unethisch (es wird anderen Menschen absichtlich geschadet), kann aber hochgradig moralisch sein.
Die Internet-Studie untersuchte m. E. weniger das moralische als das ethische Empfinden.
(Fund via fdog)
MMarheinecke - Donnerstag, 9. Februar 2006
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