Möglicherweise ist der Alptraum aller ariosophischen, nationalromatischen und inwändig brauner Germanenschwärmer wahr geworden: Die heiligen germanischen Runen, die "Urschrift der Arier", das Produkt des "Genies der nordischen Völker" stammen vermutlich direkt von einer semitischen Schrift ab, die eng verwandt mit der hebräischen ist.
Die Germanen haben ihre Runenschrift direkt von den Phöniziern / Kathagern gelernt, vermutet der Münchner Philologe Theo Vennemann. Damit widerspricht er der gängigen Annahme, die germanische Schrift gehe entweder auf das etruskische oder auf das römische Alphabet zurück, die ihrerseits vom Griechischen und damit indirekt auch vom Phönizischen abstammen. Vennemanns Ansicht nach besitzen die Runen jedoch eine Reihe von Besonderheiten, die eindeutig darauf hinweisen, dass sie sich unmittelbar aus dem phönizischen Alphabet herleitete. Voraussetzung dafür wären allerdings intensive Kontakte zwischen den kathargischen Phöniziern und den Germanen gewesen - und solche Kontakte sind nach den Angaben antiker Schriftsteller wie Phytheas von Massilia sehr wahrscheinlich.
Zwischen dem phönizischen Alphabet und der Runenschrift gibt es deutliche Übereinstimmungen, fand Vennemann heraus. So haben die Buchstaben in beiden Schriften im Gegensatz zu denen der Römer und Griechen immer auch eine zusätzliche Bedeutung, die über den reinen Zeichencharakter hinausgeht. Der erste Buchstabe des phönizischen Alphabets, "Aleph", bedeutete etwa soviel wie "Rind" und besaß ungefähr die Form eines F. Auch der erste Buchstabe der frühen Runenschriften, "Fehu", besaß diese Form, und seine Bedeutung "Vieh" entspricht ebenfalls der seines phönizischen Pendants.
Weitere Gemeinsamkeiten beider Schriften sind etwa das Fehlen von den im Lateinischen und Griechischen weit verbreiteten Doppelkonsonanten wie TT, KK oder LL oder die Gewohnheit, M und N nie vor einem anderen Konsonanten zu verwenden - Gewohnheiten, sich sich nicht aus der Sprachstruktur der germanischen Sprachen ableiten lassen, aber sehr wohl aus der der semitischen.
Auch könnte Vennemanns These erklären, warum die ersten Runenschriften nicht in der Nähe des römischen Reichs auftauchten, sondern bei den an die Nordsee angebundenen südskandinavischen Stämmen, und zwar zu einem relativ frühen Zeitpunkt, wohl um 350 v. u. Z. .
Für die engen Kontakte, die es bei diesem Szenario zwischen den karthagischen Phöniziern und den Germanen gegeben haben muss, gibt es Vennemann zufolge auch andere sprachliche und kulturelle Hinweise.
Die ganze Meldung beim Informationsdienst Wissenschaft (idw):
Das karthagische Erbe der Germanen - Runenschrift geht direkt auf Phönizier zurück.
MMarheinecke - Dienstag, 28. November 2006