Dienstag, 1. August 2006

Catch 22 - oder die "lose lose" Situation

Vor ein paar Tagen habe ich mich davor gedrückt, zu einen besonders ärgerliche Krieg Stellung zu nehmen. Ein Krieg, den zu kommentieren mir nicht zusteht. Nun muß ich mir den Vorwurf gefallen lassen, feige gewesen zu sein. Zu Feige, dass, was man als "wahr" erkannt hat, auch bewußt beim Namen zu nennen: Catch-22. Eine Situation, in der man nur verlieren kann, egal, was man tut. Eine tödliche Zwickmühle. In der nicht "nur" Israel steckt, sondern eigentlich der ganze "Westen" samt aller halbwegs zivilisierten arabischer Staaten.

Don Alphonso hat den Israel-Hisbollah-Krieg genau so beschrieben. Wer seinen schmerzenden, aber leider mit jedem Wort allzu wahren Beitrag noch nicht gelesen hat, sollte dies nachholen:
Was man sagen kann Für seinen Schlußatz sehe ich Don alle seine Kronleuchter und Stuckdecken und seine mitunter fiesen Vorwürfe gegen andere Blogger nach.
Sagt viel aus über die jüdisch-deutsche Normalität, überrascht auch nicht weiter, aber ich sehe ums Verrecken absolut nichts Gutes in der Scheisse, die da gerade abgeht, diesem Catch 22 des nahen Ostens. Nicht für Israel, nicht für die Juden, nicht für den Westen und auch nicht für den Kampf gegen den Terror.
Ja, und wem nützt es? Wer gewinnt dabei? Leider jene, denen ich es am Wenigsten gönnen würde. Den Terroristen der Hisbollah. Und ihren Unterstützern. Und erst recht denen, die daran verdienen.

Denn das Konzept der Hisbollah geht auf: genau diese Bombardierungen zu provozieren, bei denen dann fast zwangsläufig Zivilisten ums Leben kommen. Seit fast drei Wochen werden und wurden aus Raketenstellungen, die zwischen und auch in bewohnten Häusern untergebracht sind, zivile Ziele in Israel beschossen.

(Siehe hierzu, bei Chajms Sicht: Verheerend)

Allerdings gehört dazu auch eine andere Seite, wie z. B. der israelische Verteidigungsminister: Naives Vertrauen auf eine zugegebenermaßen hervorragende Armee, die das schon hinkriegen wird - und in die Falle ging. Wobei: in der Zwickmühle steckte Israel schon vorher. Auch aufgrund "westlicher" macht- und wirtschaftspolitischer Spielchen. Von wegen "Solidarität mit Israel"! Die haben nur mal weder das Öl noch die zum "Märtyrertod" bereiten Massen junger Männer. Und der Antisemitismus ist leider fester kultureller Bestandteil des "christlichen Abendlandes", Teil unserer kulturellen Identität. Auch meiner.

Zu den "geistigen Kriegsgewinnlern" dieses Krieges gehören die Antisemiten aller Coleur. Und zwar gerade in Deutschland.

Piratenflagge Schwarzrotgold

(Und noch mal "Pirat Content", wieder angeregt durch die bekannte Idee Seeräuber-Karans anläßlich des Flaggenwahns zur FiFaFu-WM: Piratenflagge statt schwarzrotsenf.) Dieses Mal noch direkter.
Unglaublich, aber wahr: die schwarzrotgoldene Flagge wurde 1849 von der damals führenden Seemacht Großbritannien zur "Piratenflagge" erklärt. Und das kam so:

Die in der deutschen Revolution von 1848 gegründe Nationalversammlung in Frankfurt/Main beschloss am 17. Juli 1848 die Gründung einer deutschen Bundeskriegsflotte. Seit Anfang April herrschte der erste preußisch-dänische Krieg in Folge der nationaldeutschen Aufstände in Schleswig und Holstein. Bald wurde die Verbindung aus revolutionären Aufstand und alles anderer als revolutionärer preussischen Intervention als "deutsch-dänischer" Krieg wahrgenommen. Die dänische Regierung betrachtete nun alle im Deutschen Bund zusammengeschlossenen Staaten als Kriegsgegner, in der Erwartung, eigene Interessen gegen die revolutionsgeschwächten südlichen Nachbarn durchsetzen zu können - auch, damit die Unterstützung der rebellischen Schleswig-Holsteiner endlich aufhörte. Die dänische Flotte konnte mit geringen Kräfteeinsatz die deutschen Seehäfen blockieren und den Außenhandel praktisch zum Erliegen bringen. Es war vorgesehen, dass sich die bereits gebildete "nationaldeutsche" Kieler Flotille, die auf Initiative Hamburger Reeder angekauften Kriegsschiffe der "Hamburger Flotille" und den vorhandene Kriegsschiffen Preußens und Österreichs (letztere in der Adria stationiert) eine "Reichsflotte" bilden sollte. Österreich und Preußen, beide zunehmend revolutionsfeindlich, unterstellten ihre (bescheidenen) Flotten nicht der Nationalversammlung, so dass die Nationalversammlung sich gezwungen fühlte, schleunigst eigenen Kriegsschiffe zu beschaffen. Es wurde geeignete, aus "Neutralitätsgründen" aber unbewaffnete, Schiffe in Großbritannien gekauft und in Bremerhaven mit Kanonen bewaffnet. Die Schiffe der deutschen Reichsflotte trugen die Farben Schwarzrotgold.
Am 4. Juli 1849 kam es vor Helgoland zum Schußwechsel zwischen der dänischen Fregatte Valkyrien und der deutschen Dampffregatte Barbarossa und den Kanonenbriggs Hamburg und Lübeck. Die Valkyrien geriet in eine Position, in der die Hamburg zum Entermannöver ansetzen konnte. Das dänische Schiff konnte aber entkommen und zog sich in die Nähe von drei anderen bei Helgoland liegenden dänischen Schiffen zurück. Helgoland war damals britisch, die britische Festungsbesatzung gab einige Warnschüsse auf die kriegführenden Schiffe ab, um sie daran zu erinnern, dass sie in neutralen Gewässern kämpften.
Dieses eher unbedeutende Gefecht schlug zuerst in der britischen Admiralität und dann im britischen Unterhaus hohe Wellen, denn der fehlenden Respekt der Deutschen und Dänen für die britische Neutralität und die britischen Hoheitsrechte über Helgoland (das von Dänemark und rein verbal auch von der deutschen Nationalversammlung beansprucht wurde) wurde als schwerer Affront gesehen, schlimmer noch, ein "schändliche Demütigung" des "meerbeherrschenden" Britanniens. (Keine Spezialität des 19. Jahrhunders, man stelle sich mal vor, was geschehen würde, wenn sich Schiffe Kubas und der Dominikanischen Republik vor der Hafeneinfahrt des US-Stützpunktes Guantanamo-Bay beschiessen würden.) Hinzu kam, dass Britannien aus Gründen des "Gleichgewichts der Mächte" Dänemark gegenüber "wohlwollend neutral" war.
Für das britischen Prestige schlimm war, dass die alte "Barbarossa" ursprünglich ein britischer Dampfer namens "Britannia" war, der in seinen besseren Tagen beinahe ein nationales Symbol gewesen war.

Zum Zeitpunkt des Gefechtes war die Nationalversammlung längst gewaltsam aufgelöst worden. Das nahm die britischen Regierung zum Anlass, zu erklären, es gäbe keinen Staat, dessen Seestreitkräfte die Farben Schwarz-Rot-Gold zu führen berechtigt wäre. Sie deklarierte die schwarzrotgoldene Bundesflagge zur Piratenflagge.
Die deutsche Reichsflotte bestand bis 1852 weiter, dann wurde ihre Schiffe versteigert oder an die preussische Marine übergeben.

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