Land unter ...
Heute vor 44 Jahren ereignete sich eine Naturkatastrophe, die das "kollektive Bewußtsein" in Norddeutschland und vor allem in Hamburg bis heute bestimmt: Wikipedia: Sturmflut 1962
In der Nacht vom 16. zum 17. Februar 1962 brachen an 50 Stellen die Deiche an der Unterelbe. Unter anderem wurde erwa ein drittel des Hamburger Stadtgebietes überflutet, darunter die dicht bewohnten und damals noch mit Notunterkünften für Flüchtlinge übervölkerten Stadteile Willhelmsburg und Georgswerder. 319 Menschen fanden den Tod. Erstaunlich wenig, wenn man die Umstände bedenkt.
Paralllelen z. B. zur durch die Hurrikan-Katastrophe in New Orleans letztes Jahr sind nicht zu übersehen: Hier wie dort wurde vor der Katastrophe die Deichsicherheit vernachlässigt. Hier wie dort war das Krisenmanagement (anfangs) chaotisch. Hier wie dort traf es vor allem die ärmsten Teile der Bevölkerung. Es gibt allerdings auch Unterschiede: Die Flut in New Orleans war weitaus schlimmer. Und - in Hamburg gab es einen Politiker, der bereit war, bestehende Gesetze glatt zu brechen und sich geradezu diktatorische Kompetenzen anzumaßen. obwohl er nur Innensenator von Hamburg war: der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt.
Ohne seinen "Putsch" wäre weitaus mehr als 319 Menschen ertrunken, erfroren, an Erkräftung und Infektionskrankheiten verstorben.
"Sie begriffen die Katastrophe erst, als sie schon passiert war", so Schmidt über den Krisenstab. Anfangs hatte der Einsatzleiter den Senator nicht dabeihaben wollen. Als am Abend des 16. Februars Sturmflut-Alarm ausgelöst wurde, waren die meisten Dienststellen nicht mehr besetzt, die Bevölkerung wurde nicht informiert.
Schmidt forderte, unter Bruch des Grundgesetzes, das Einsätze der Bundeswehr im Inneren verbat, Bundeswehrsoldaten an. Außerdem bat er die in Deutschland stationierten allierten Truppen um Hilfe. Einzig der Bundestag wäre dazu berechtig gewesen. Selbst mit der Anforderung von Feuerwehren aus den Nachbarländern überschritt er seine Kompetenzen.
Aber: "Ich konnte mich nicht um Gesetze kümmern. Oder sollte ich warten, bis aus Bonn ein Fresspaket kommt?"
Schmidts glatter Verfassungsbruch wurde aber überwiegend positiv bewertet. Erst 1968, im Zuge der Einführung der umstrittenen Notstandgesetze, wurde dem Grundgesetz eine Klausel hinzugefügt, die den Inlandseinsatz der Streitkräfte im Katastrophenfall gestattete.
Schmidts Husarenritt konnte nur deshalb gelingen, weil er zuvor als Abgeordneter des Bundestages mit Verteidigungsangelegenheiten befasst war und die meisten Kommandierenden persönlich kannte. Er konnte sie so überzeugen, trotz fehlender Rechts- und Vorschriftenlage schnell und unbürokratisch Hilfe zu leisten. So kamen in Hamburg neben der Bundeswehr auch Soldaten aus den anderen NATO-Staaten zum Einsatz, vor allem Hubschrauber.
Auf die aktuelle politische Diskussion um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren bei Großveranstaltungen wie der Fußball-WM bezogen, könnte die Lehre aus "Hamburg ´62" sein: Die beabsichtigte Verfassungsänderung ist überflüssig. Für den "Normalfall", der Straßenschlachten randalierende Fans ausdrücklich einschließt, reichen die Polizeikräfte aus. Ein Katastrophenfall, einschließlich eines terroristischen Anschlags, ist eben ein Katastrophenfall, dann braucht man mutige Politiker, die bereit sind, das Notwendige zu tun und für die Konsequenzen ihres Handels ihren Hut zu nehmen. Denn es geht bei der Diskussion gar nicht um den viel beschworenen Ausnahmefall.
In der Nacht vom 16. zum 17. Februar 1962 brachen an 50 Stellen die Deiche an der Unterelbe. Unter anderem wurde erwa ein drittel des Hamburger Stadtgebietes überflutet, darunter die dicht bewohnten und damals noch mit Notunterkünften für Flüchtlinge übervölkerten Stadteile Willhelmsburg und Georgswerder. 319 Menschen fanden den Tod. Erstaunlich wenig, wenn man die Umstände bedenkt.
Paralllelen z. B. zur durch die Hurrikan-Katastrophe in New Orleans letztes Jahr sind nicht zu übersehen: Hier wie dort wurde vor der Katastrophe die Deichsicherheit vernachlässigt. Hier wie dort war das Krisenmanagement (anfangs) chaotisch. Hier wie dort traf es vor allem die ärmsten Teile der Bevölkerung. Es gibt allerdings auch Unterschiede: Die Flut in New Orleans war weitaus schlimmer. Und - in Hamburg gab es einen Politiker, der bereit war, bestehende Gesetze glatt zu brechen und sich geradezu diktatorische Kompetenzen anzumaßen. obwohl er nur Innensenator von Hamburg war: der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt.
Ohne seinen "Putsch" wäre weitaus mehr als 319 Menschen ertrunken, erfroren, an Erkräftung und Infektionskrankheiten verstorben.
"Sie begriffen die Katastrophe erst, als sie schon passiert war", so Schmidt über den Krisenstab. Anfangs hatte der Einsatzleiter den Senator nicht dabeihaben wollen. Als am Abend des 16. Februars Sturmflut-Alarm ausgelöst wurde, waren die meisten Dienststellen nicht mehr besetzt, die Bevölkerung wurde nicht informiert.
Schmidt forderte, unter Bruch des Grundgesetzes, das Einsätze der Bundeswehr im Inneren verbat, Bundeswehrsoldaten an. Außerdem bat er die in Deutschland stationierten allierten Truppen um Hilfe. Einzig der Bundestag wäre dazu berechtig gewesen. Selbst mit der Anforderung von Feuerwehren aus den Nachbarländern überschritt er seine Kompetenzen.
Aber: "Ich konnte mich nicht um Gesetze kümmern. Oder sollte ich warten, bis aus Bonn ein Fresspaket kommt?"
Schmidts glatter Verfassungsbruch wurde aber überwiegend positiv bewertet. Erst 1968, im Zuge der Einführung der umstrittenen Notstandgesetze, wurde dem Grundgesetz eine Klausel hinzugefügt, die den Inlandseinsatz der Streitkräfte im Katastrophenfall gestattete.
Schmidts Husarenritt konnte nur deshalb gelingen, weil er zuvor als Abgeordneter des Bundestages mit Verteidigungsangelegenheiten befasst war und die meisten Kommandierenden persönlich kannte. Er konnte sie so überzeugen, trotz fehlender Rechts- und Vorschriftenlage schnell und unbürokratisch Hilfe zu leisten. So kamen in Hamburg neben der Bundeswehr auch Soldaten aus den anderen NATO-Staaten zum Einsatz, vor allem Hubschrauber.
Auf die aktuelle politische Diskussion um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren bei Großveranstaltungen wie der Fußball-WM bezogen, könnte die Lehre aus "Hamburg ´62" sein: Die beabsichtigte Verfassungsänderung ist überflüssig. Für den "Normalfall", der Straßenschlachten randalierende Fans ausdrücklich einschließt, reichen die Polizeikräfte aus. Ein Katastrophenfall, einschließlich eines terroristischen Anschlags, ist eben ein Katastrophenfall, dann braucht man mutige Politiker, die bereit sind, das Notwendige zu tun und für die Konsequenzen ihres Handels ihren Hut zu nehmen. Denn es geht bei der Diskussion gar nicht um den viel beschworenen Ausnahmefall.
MMarheinecke - Donnerstag, 16. Februar 2006