Mittwoch, 15. Februar 2006

Verschwörungstheorien "Rolltreppe abwärts"

Möglicherweise gibt es bei Verschwörungstheoretikern eine eingebaute Abwärtsspirale, was das inhaltliche Niveau der Theorien angeht, begleitet von zunehmender Paranoia.

Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck, als ich das neueste Buch von Gerhard Wisnewski entdeckte (in der öffentlichen Bücherei, kaufen wollte ich es nicht): Lügen im Weltraum: Von der Mondlandung zur Weltherrschaft

Gekauft hatte ich vor Jahren ein gutes Buch, an dem Gerhard Wisnewski mitschrieb. "Das RAF-Phantom". Es legte eine durchaus schlüssige Indizienkette dafür vor, dass es die "3. Generation" der RAF, die in den frühen 90er Jahren gern von "Sicherheitsexperten" als Gefahr an die Wand gemalt wurde, nie gegeben hat. Auch die Frage, wem das nützt, konnte das Autorenteam wenigstens ansatzweise beantworten: Das "RAF-Phantom" diente als Rechtfertigung für den sonst nur schwer durchsetzbaren Ausbau des Sicherheitsapparates und des Abbaus von Bürgerrechten.
Allerdings bin ich schon damals darüber gestolpert, dass die RAF der 3. Generation nicht etwa als zur akuten Bedrohung aufgeblasenes Häufchen politisch dilletantischer Gewalttäter gesehen wurde, sondern gleich als komplette Inszenierung. Ein Hauch von "Weltverschwörung" durchwehte schon dieses Buch.

Dann, 2003, lief die WDR-Dokumentation "Aktenzeichen 11.9. ungelöst", für die Wisnewski zuerst gefeiert wurde - weil er kritische Fragen stellte. Dann wurde er gefeuert weil seine "Antworten" extrem an den Haaren herbeigezogen und zudem fadenscheinig waren - und nicht passende Fakten schlichtweg ignorierten. Fantomas kehrt zurück
Es mag in der Tat viele offene Fragen zu den Anschlägen vom 11. September 2001 geben. Doch die Darstellungen von Gerhard Wisnewski sind hanebüchen. Die Aussage eines Mannes, der als Kind im Innenhof des Pentagon auf einer Kiste gesessen haben will, in der, wie man ihm sagte, Flugabwehrgeschütze gelagert seien, soll flugs die Behauptung stützen, dass das Pentagon vor einem Flugzeugeinschlag gefeit gewesen wäre. Ein alter Mann, der erklärt, in Pennsylvania an der Absturzstelle kein Flugzeug gesehen zu haben, soll die These belegen, es habe dort keinen Absturz gegeben. Insgesamt kommt Wisnewskis Argumentation jedoch ohne Beweise aus.
Schlimmer noch, auf seiner Website vertrat er offen antisemitische Verschwörungstheorien. Gerhard Wisnewski will nicht "offener Antisemit" genannt werden: Antisemit? I wo!

Im Zuge dieses allgemeinen Abwärtstrends wundert es nicht, dass jemand, der mal als kritischer Journalist angefangen hat, in der untersten Schublade der Verschwörungstheorien landete: Beim "Mondschwindel". Zugegeben, was Wisnewski da über Propagandamanöver und Machenschaften des militärisch-industriellen Komplexes schreibt, liest sich spannend und plausibel.
Aber Recherche gehört eindeutig nicht zu seinen Stärken. Er behauptet z. B. in Encyclopedia Astronautica seien keine bemannten Redstone-Flüge aufgeführt. Na ja: Encyclopedia Astronautica: Mercury-Redstone
Als Raumfahrt-Enthusiast kenne und nutze ich die Encyclopedia Astronautica schon seit Jahren, der Mercury-Artikel ist seit mindestens fünf Jahren online! Außerdem dürfte schon eine flüchtige Lektüre der E. A. die meisten Argument der "Apollo-Skeptiker" ad absurdum führen.

Abschließend eine Website, die sich ausführlich mit den Argumenten "contra Mondlandung" auseinandersetzt - auch solchen, die besser sind, als die von Wisnewski angeführten:
Mondlandungs(f)lüge?

Nachtrag: als kurzer Überblick über die wichtigsten "Mondlandungs-Lügen"-Argumente nebst Widerlegung reicht schon die Wikipedia (von der Wisnewski übrigens nicht viel hält Image hosting by Photobucket )
Mondlandungslüge
Eine weitere sehr gute, auch für technische Laien verständliche Punkt-für-Punkt Widerlegung der Mondlandungslüge: Apollo-Projekt
Und der "Klassiker" unter den Mondlandungslügen-Widerlegungs-Websites (auf Englisch): Bad Astronomy: Fox TV and the Apollo Moon Hoax

Und noch eine Fundsache: Das Team von "Moon Base Clavius" hat sich kritisch und sachkundig mit Wisnewskis Buch auseinandergesetzt:
Deutsche Moonhoax Autoren - Gerhard Wisnewski
Gerhard Wisnewski hat in Lügen im Weltraum sein geballtes Raumfahrt-Nichtwissen niedergeschrieben, inklusive einer Unmenge an längst gelösten und unsinnigen Fragen.

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