Samstag, 21. Januar 2006

Wie Afrika schön exotisch wird ...

Schon mal gewundert, wieso die üblichen Fernseh- und Illustriertenberichte über Afrika so sehr einander ähneln, was angesichts eines ganzen Kontinents mit zahlreichen höchst unterschiedliche Kulturen, Klimazonen, Staaten usw. doch verwundern müßte? Warum man beim Lesen des neuesten "Afrika-Romans" meistens das Gefühl hat, das Buch bereits zu kennen?
Wieso "Afrika-Filme" in mindesten 4 von 5 Fällen sentimental-kitschig und oberflächlich geraten?

Die Autoren all dieser Medienprodukte halten sich wahrscheinlich streng an folgenden Leitfaden:
Schreiben Sie so über Afrika!
Stöhnen ist gut: Eine Anleitung von Binyavanga Wainaina

Verwenden Sie im Titel die Worte "Afrika", "Finsternis" oder "Safari", im Untertitel können außerdem Begriffe wie "Sansibar", "Nil", "Groß", "Himmel", "Schatten", "Trommel" oder "Sonne" auftauchen. Immer hilfreich sind Wörter wie "Guerillas", "zeitlos", "ursprünglich" oder "Stamm".

Zeigen Sie niemals das Bild eines modernen Afrikaners auf dem Buchumschlag, es sei denn, er hätte den Nobelpreis gewonnen. Verwenden Sie stattdessen: eine Kalaschnikow, hervortretende Rippen, nackte Brüste. Falls Sie tatsächlich einen Afrikaner abbilden müssen, nehmen Sie einen Massai, Zulu oder Dogon.

In Ihrem Text sollten Sie Afrika als ein einziges Land behandeln. Es sollte heiß und staubig sein mit wogenden Weiden, riesigen Tierherden und großen, dürren Menschen, die Hunger leiden. Oder heiß und schwül mit sehr kleinen Menschen, die Affen essen. Verzetteln Sie sich nicht in detaillierten Beschreibungen. Afrika ist groß: 54 Länder und 900 Millionen Menschen, die viel zu sehr damit beschäftig sind, zu hungern, zu sterben, zu kämpfen und auszuwandern, als dass sie Zeit hätten, Ihr Buch zu lesen. Der Kontinent ist randvoll mit Wüsten, Regenwald, Savanne und vielem anderem, aber Ihrem Leser ist das egal, deshalb beschränken Sie sich am besten auf romantische, raunende und eher unspezifische Darstellungen.
Weiterlesen: Schreiben Sie so über Afrika!
Diese gern auch von "seriösen" Autoren und Journalisten befolgten Tipps gelten sinngemäß selbstverständlich auch für alle anderen "exotischen" Gebiete außerhalb der Metropolen, vom Amazonasbecken über Tibet und die Mongolei bis nach Grönland. (Manchmal fängt "Afrika" schon in Mecklenburg-Vorpommern an ... )

Via:Ethno_blog, dieses via rollinger

Zum Thema "exotische Klischees und wie sie in unsere Köpfe kommen" auch: Fräulein Smillas mangelndes Gespür für Fiktion

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