Samstag, 31. Dezember 2005

Divination zum Jahreswechsel

Silvester ist traditionell ein Anlass, mittels diverser Orakelmethoden die "Zukunft" zu erkunden.
Dazu gehören solche Scharlatanerien wie "das große Jahreshoroskop" (in fast allen Illustrierten und Boulevardblättern) und im Vergleich dazu seriösen Methoden wie Bleigiessen und Kaffeesatzlesen.

Wozu anzumerken wäre, jedenfalls in meiner Sicht der Wirklichkeiten, dass es keine Zukunft gibt. Es gibt immer nur Möglichkeiten unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit, die sich unterschiedlich stark von uns beeinflussen lassen. Und "Wirklichkeiten" gibt es nur im Plural. Aber das führt jetzt zu weit ...

Ich gehöre zu jenen Menschen, die offensichtlich die Gabe - oder den Fluch - haben, ein Stück weiter in das Netz der Möglichkeiten schauen zu können, als es in unserer Kultur gemeinhin üblich ist. Über viele vermeindlich spektakuläre Beispiele von "Prophetie", Präkognition, "Remote Viewing" usw. wie sie durch die "Esoterik"-Literatur, aber auch durch die seriöser(e) Psi-Forschung geistern, kann ich nur lachen. Erst einmal, weil ich persönlich Ähnliches erlebt habe - dann auch, weil ich gemerkt habe, dass das "Schicksal" niemals "unabänderlich in Stein gemeisselt" ist, und nicht zuletzt, weil nur jene Prognosen geglaubt werden, die in den "persönlichen Wahrnehmungstunnel" passen. (Oft genug habe ich meinen eigenen Prognosen nicht getraut.)

Und dann stimme ich Lazarus Long bzw. seinem Schöpfer Robert A. Heinlein zu:
"Ich habe nichts gegen eine Wahrsagerin, die den Leuten etwas vorflunkert. Eine echte Seherin sollte man abknallen wie einen tollen Hund. Kassandra bekam viel zu wenig ab."
Bob Heinlein wußte, wovon er schrieb. Er zog es deshalb vor, den Leuten etwas von der Zukunft vorzuflunkern, indem er Science Fiction schrieb. Heinleins "Geschichte der Zukunft" aus den 1940ern liegt, was die Abläufe der Weltgeschichte betrifft, meilenweit neben der "Realität". Allerdings gibt es kaum einen SF-Autoren, dem so viele "beiläufige" Pronosen gelangen, die sich später als zutreffend erwiesen.
Er könnte mein "Leidensgenosse" gewesen sein. Deren gibt es anscheinend viele in der Zunft der Schreiberlinge "phantastischer" Literatur. Die beste Beschreibung dessen, wie es mir beim "Prophezeihen" ergeht, stammt übrigens vom dieses Jahr verstorbenen deutschen SF-Autoren Walter Ernsting ("Clark Darlton") - es sind die (frühen) Erlebnisse des "Teletemporariers" Ernst Ellerts aus "Perry Rhodan". Übrigens treffen auch die Beschränkungen, die Walter seinem "literarischen Alter-Ego" zuschrieb, auf mich zu.
Die Paralellen zu etnographischen Beschreibungen schamanischer Reisen sind ebenfalls nicht zu übersehen, obwohl ich mich hüte, mich für einen "Schamanen" zu halten.

Übrigens: All das ist reine Metaphysik. Im Alltag und auch sonst vertraue ich lieber dem "kritischen Rationalismus". Der gleicht zwar auch dem Versuch, auf ständig versinkenden Halzbohlen einen Sumpf zu überqueren, aber da weiß ich wenigstens, dass es einen Sumpf gibt - und wahrscheinlich sogar Bohlen.

Um "Butter bei die Fische zu legen": Ja, ich habe eine Idee, wie 2006 werden wird. Ja, meine Vorstellungen, wie 2005 werden würde, haben sich größtenteils bestätigt - wenn auch manchmal auf unerwartete Weise.
Nein, ich werde nicht verraten, was ich "gesehen" habe. Weil ich glaube, meine Grenzen zu kennen. Der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann, öffentlich eine echte Prophezeihung bekannt zu geben, ist die, zu verhindern, dass sie "Wirklichkeit" wird.

Divination, egal ob mit Tarot-Karten, Runen, I Ging, Astrologie usw. hat übrigens nichts damit zu tun. Ein Skeptiker nannte "Spielkartenprophetie" eine Methode
Wie man seine eigenen Ängste liest und für die Zukunft hält.
Er hat recht.

Wenn man sich hütet, das Resultat einer Tarot-Legung usw. für "die" Zukunft oder "die" Wahrheit zu halten, kann Divination ein wertvolles Hilfsmittel der (metaphischen) (Selbst-)Erkenntnis sein.

Was ergab das Tarot für mich? Davon verrate ich hier nur, dass bei mir "Schwerter" und "Kelche" endlich im harmonischen Gleichgewicht liegen, ich aber arg "Stäbe" und "Scheiben" vernachlässigt habe, obwohl ich oft genug sozusagen mit der Nase darauf gestoßen wurde.

Ich wünsche Euch viel Glück. Wir alle können es brauchen.

Martin

Von der Abschaffung des schönen Wetters

"Scheibenwischer", Sendung vom 29.12.2005:
Früher hieß das Winter oder weiße Weihnacht, heute spricht man von Schneekatastrophe.
Ja, füher gab es auch richtig schöne Sommer, heute gibt's überhöhte Ozonwerte, drohende Dürre, bedrohlich steigende Hautkrebsraten! Und wenn der Sommer mal verregnet war, wie dieses Jahr, steht die heimische Tourismusindustrie vor dem Ruin, wie natürlich auch die deutsche Landwirtschaft - zumindest, wenn man Pressetexten glaubt.

Heute ist auch jedes außergewöhnliche Hochwasser eine "Jahrhundertflut" (stimmt irgendwie auch, da Jahrhundert ist ja schließlich erst 5 Jahre alt), jeder tropische Sturm ein "Killerhurrikan" (peinlich, wenn dann ein Hurrikan wirklich schlimme Folgen hat, dann fehlen inflationsbedingt die Worte), und ein sonniger, milder Oktober ist nichts als ein Besorgnis erregendes Zeichen der Klimakatastrophe.

Weshalb gibt es nur noch schlechtes Wetter? Vermutlich, weil es (noch?) niemanden gibt, der sich "schönes Wetter" als Resultat erfolgreicher Regierungspolitik / Unternehmensaktivität / Behördentätigkeit /Reformmaßnahmen / Vereinsarbeit usw. zuzuschreiben traut. Vermutlich auch, weil "schlechtes Wetter" eine unversell verwendbare Ausrede für die fehlende Fehlertoleranz überoptimierter und über-rationalisierter Verkehrs- und Energieversorgungssysteme ist. Weil "Naturkatastrophen" oft durch fehlende Umsicht und Vorsicht erst katastrophal werden.
Vermutlich aber auch, weil "gute Nachrichten" für Sensationsverkäufer (früher "Journalisten" genannt) nun mal schlechte Nachrichten sind.

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